OMAS GEGEN RECHTS ein Interview
Die Initiative ist ein Zusammenschluss von älteren Frauen, die sich zivilgesellschaftlich und überparteilich in den politischen Diskurs einmischt. Dabei müssen die bedrohlichen Entwicklungen wie Antisemitismus, Rassismus, Frauen- und Fremdenfeindlichkeit, Ausgrenzung Behinderter und alter Menschen sowie Faschismus etc. erkannt, benannt und im Konkreten auch der politische Widerstand und die Bewusstseinsbildung organisiert werden. Ines Braun im Gespräch mit Renate Christians, eine der „OMAS GEGEN RECHTS“.
Wie ist die Initiative „OMAS GEGEN RECHTS“ entstanden?
„OMAS GEGEN RECHTS“ wurde Ende 2017 in Wien gegründet, als Kanzler Sebastian Kurz von der ÖVP gewählt wurde. Die Frauen der ältere Generation standen da und sagten „Nein! Wir haben noch in Erinnerung, wie es unter dem Nationalsozialismus war und haben zum Teil den 2. Weltkrieg miterlebt. Wir wollen keine rechtspopulistische Regierung mehr“.
Anfang 2018 wurde durch Anna Ohnweiler aus Süddeutschland eine „OMA GEGEN RECHTS“-Facebook-Gruppe gegründet. Und schon im Sommer wurde in Berlin eine größere Oma-Gruppe ins Leben gerufen. Mittlerweile heißen wir „OMAS GEGEN RECHTS“ Berlin/ Brandenburg, weil es wichtig ist, nicht nur in der Hauptstadt, sondern auch in Brandenburg Flagge zu zeigen.
Wie sind Sie zu „OMAS GEGEN RECHTS“ gekommen und wofür stehen Sie?
Es gibt immer Lebensabschnitte, in denen man sich engagieren kann, und es gibt Lebensabschnitte, in denen keine Kraft und Zeit dafür da ist. In der Vergangenheit habe ich mich bereits ehrenamtlich in der Kirche engagiert und dort mit Kindern und Jugendlichen gearbeitet. Außerdem war ich in der Friedensgruppenarbeit tätig. Ich bin nun Rentnerin, wohne seit 6 Jahren in Berlin und habe Anschluss an eine politische Gruppierung gesucht. Da sind mir die Frauen mit den großen Schildern „OMAS GEGEN RECHTS“ aufgefallen. Ich habe mich dieser Gruppierung angeschlossen, weil ich für meine Kinder und Enkelkinder eine funktionierende Demokratie möchte.
Wir Omas haben uns strikt auf die Fahne geschrieben, dass wir rechtspopulistische Gruppierungen verhindern wollen. Wir stehen für Vielfältigkeit, Toleranz, Respekt untereinander und Feminismus. Wir sprechen uns dafür aus, dass alle Menschen, gleich welcher Religion, welchen Geschlechts oder welcher sexuellen Neigung in Deutschland willkommen sind.
Was macht die „Oma gegen Rechts“ aus?
OMA beschreibt die reife Frau, die in ihrem Leben ganz viele Erfahrungen gesammelt hat, die Geschichte miterlebt und sich damit auseinandergesetzt hat. Sie übt eine ganz andere Form von Protest aus. Wenn wir an Demonstrationen teilnehmen, haben wir ein ganz anderes Standing. Wir werden von den Jugendlichen geliebt, weil sie in uns respektvolle Frauen sehen, die ihre Erfahrungen weitergeben und ihre Meinung auf eine nette Art und Weise, mal bissig und mal mit viel Humor vertreten. Gewaltbereit sind wir nicht! Wir haben für eine Demonstration z.B. mal große Damen-Schlüpfer, und ich meine wirklich große Damen-Schlüpfer (lacht), mit Sprüchen gegen die AfD beschriftet und auf eine Wäscheleine gehängt.
Mit Unterstützung unserer eigenen OMA-Trommelgruppe können wir auf ein großes Repertoire an Demoliedern zurückgreifen. Wir sind da wirklich sehr kreativ!
Unterstützt „OMAS GEGEN RECHTS“ auch andere Gruppierungen?
Ja, wir unterstützen z.B. auch „Fridays for Future“. Ich bin nicht diejenige, welche sich ankettet, aber ich bin die, die Lebensmittel rettet und dann zur Verfügung stellt, damit sie verkocht werden können. Da sehe ich meine Aufgabe. Im September dieses Jahres waren wir auf dem „Sommerfest für Respekt, Solidarität und Vielfalt“ beim Bündnis „Wandlitz zeigt Haltung“ in Zerpenschleuse. Das war eine tolle Veranstaltung und hat uns viel Spaß gemacht. Das Bündnis „Wandlitz zeigt Haltung“ hat sich erst Anfang 2022 gegründet und so ein tolles Fest organisiert. Unsere Hochachtung dafür.
Politiker:innen aller Parteien nehmen uns wahr. Zum einen auf Demonstrationen und Mahnwachen und zum anderen zeigen wir Präsenz als Zuschauerinnen in Berliner Bezirksvollversammlungen. Durch die Verleihung des „Paul-Spiegel-Preises“ im Jahr 2020, den wir aufgrund der Conrona-Pandemie in einem offiziellen Festakt in diesem Jahr verliehen bekommen haben, erhalten wir ein ganz anderes Standing in der Öffentlichkeit.
In welchen Strukturen wird gearbeitet und wo liegt Ihr persönlicher Schwerpunkt?
In Berlin haben wir viele Stadtteil-Gruppen ins Leben gerufen. Einmal im Monat treffen sich alle Berlin/Brandenburger „OMAS GEGEN RECHTS“. Wir schmieden Bündnisse und Netzwerke und arbeiten mit vielen Initiativen zusammen und kommunizieren über Social Media.
Ich habe für mich den Schwerpunkt Bildung gewählt und lese Kindern in allen drei öffentlichen Bibliotheken in Reinickendorf vor. Ich lese aus Büchern vor, in denen es um Vielfalt, Ausgegrenzt-Sein geht und das Mutmachen, den eigenen Weg zu finden. Anschließend spreche ich mit den Kindern über die Geschichten. Mein nächstes Projekt ist ein mobiler Leseclub. Ich besuche dann mit einem Bollerwagen voller Bücher die Kinder- und Jugendclubs, Schulen und Unterkünfte für Geflüchtete, um mit den Kindern dort zu lesen.
Außerdem möchte ich mit geflüchteten Frauen Leseabende veranstalten, um gemeinsam kurze Geschichten zu lesen. Damit möchte ich auf den Deutsch-Grundkurs aufbauen und den geflüchteten Frauen die Möglichkeit geben, ihren Wortschatz zu erweitern.
Was sagen „OMAS GEGEN RECHTS“ zu der aktuellen politischen Lage und wie kann man sich euch anschließen?
Momentan nutzt die AfD die aktuelle politische Lage und schürt Angst in der Bevölkerung. Angst ist aber kein guter Berater.
Eine Oma muss man nicht sein, um bei uns mitzumachen. Wer sich einer OMA-Gruppe anschließen möchte, kann gerne per E-Mail über kontakt@omasgegenrechts.berlin mit uns in Verbindung treten. Wer weiß, eventuell wird es ja auch eine eigene „OMAS GEGEN RECHTS“-Gruppe in Wandlitz geben? Wir stehen beim Aufbau mit Rat und Tat gerne zur Verfügung.
Verfasser:in:
Ines Braun