Wunsch und Wirklichkeit an der L100

Wer bauen möchte, muss sich an gesetzliche Vorgaben halten. Eine Gemeinde hat die Möglichkeit, mit einem Bebauungsplan (vgl. W.8, S6, www.wandlitz-auf-den-punkt.de) festzulegen, welche Art der Bebauung wo zulässig ist. Im Idealfall existiert der B-Plan, bevor irgendetwas gebaut wird. Wenn kein B-Plan vorliegt, gilt §34 des BauGB.

Bildnachweis: Flurkarte, Bereiche 1 bis 3, L100

Paragraph für faule Gemeinden

Unter Architekten und Bauherren wird der §34 BauGB auch der „Paragraph für faule Gemeinden“ genannt, weil er besagt, dass -wenn keine weiteren Vorgaben bestehen- jeder so bauen kann, wie es in der unmittelbaren Umgebung schon getan wurde.

Vor wenigen Jahren erst baute der Investor Herr Czyborra ein unübersehbares Wohngebäude an der L100 Ecke Lanker Weg. Dieses Vorhaben wurde seinerzeit von der Gemeindevertretung genehmigt. Damals wurde auch die Aufstellung eines B- Plans für drei Teilbereiche östlich der L100 beschlossen vom Louisenhain bis zum Kreisverkehr am nördlichen Ortsausgang. Dieser wurde nicht fristgerecht fertiggestellt, so dass ab Februar 2021 das Bauen nach § 34 möglich wurde.

 

Seit Monaten tobt nun ein Streit in der Gemeindevertretung. Es geht um den Erhalt der alten Villen an der L100 mit den Hausnummern 151 und 153 (Café Kätzchen) direkt neben besagtem Wohngebäude. Die Gemeindevertreter:innen warfen der Verwaltung und dem Bürgermeister Verschleppung des Verfahrens vor, obwohl dieses bereits lange vor der aktuellen Amtszeit des Bürgermeisters begonnen wurde. Inzwischen hat der Investor eine vom Bauamt Eberswalde genehmigte Bauvoranfrage nach § 34 erhalten. Diese war der Gemeinde vorgelegt worden zwecks Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens, auch hier bemängelten die Gemeindevertreter:innen, dass der Versagung des gemeindlichen Einvernehmens nicht vehement genug entgegen getreten wurde. Die Verwaltung und der Bürgermeister sahen dagegen keine weiteren gerichtsfesten Argumente für ein Versagen des gemeindlichen Einvernehmens.

Eine Arbeitsgruppe AG L100 wurde zur Begleitung des Prozesses eingerichtet, aktuell auch ein engagierter Zeitplan für die weitere Bearbeitung und Abstimmung in den Gremien, der B-Plan steht also kurz vor der Fertigstellung, muss dann aber noch ausgelegt und beschlossen werden. Dieser B-Plan hat keinen unmittelbaren Einfluss auf den geplanten und genehmigten Neubau. Weil dieser B- Plan die Bebaubarkeit der beiden o.g. Grundstücke grundlegend einschränkt, muss der Vorhabenträger genau seiner Bauvoranfrage entsprechend bauen. Für jede Abweichung gilt dann der neue B-Plan, und es müssten bei Abweichung Ausnahmegenehmigungen durch die GV erteilt werden.

 

Besteht noch Verhandlungsspielraum?

Will man den Investor doch noch für bauliche Anpassungen gewinnen, um ein schöneres Endergebnis zu erreichen z.B. mehr Abstand zur L100, Staffelgeschosse an der Straßenseite und gestalterische Alternativen der Fassaden, muss man das Gespräch suchen. Bei einem Entgegenkommen seitens des Vorhabenträgers muss man dann aber durch Anpassung des B-Planes für Planungssicherheit sorgen. Der Ortsbeirat Wandlitz hat deshalb den Bürgermeister beauftragt, das Gespräch mit Herrn Czyborra zu suchen. Durch den straffen auferlegten Zeitplan und die unversöhnlichen Haltungen in der Gemeindevertretung wird so eine Verhandlung allerdings sehr erschwert. Grundsätzlich besteht aber wohl Einigkeit, dass in diesem zentralen Bereich der mehrgeschossige Wohnungsbau wünschenswert ist. Schließlich sind wichtige Infrastruktureinrichtungen fußläufig zu erreichen, was die Straßen entlastet und der Umwelt nutzt.

 

Ein Abschluss des B-Plan-Verfahrens zur L100 ist wünschenswert, regelt er doch nicht nur die baulichen Belange der heiß umstrittenen oben angeführten Grundstücke, sondern trifft Festlegungen, die das Wandlitzer Ortsbild ebenfalls in großen Bereichen prägen.

Ein Nebenschauplatz der Auseinandersetzungen

Im Rahmen des B-Plan-Verfahrens L100 wurden Vorwürfe gegen unseren Bürgermeister aus den Reihen der Fraktionen Die Linke, UWG, Die Grünen, SPD und AfD erhoben. Es wurde Befangenheit unterstellt u.a. wegen Vorteilsnahme hinsichtlich der Bebauung entlang der L100 im Ortsteil Wandlitz. Auf Wunsch der o.g. Fraktionen wurden die Vorwürfe zur Prüfung an die Kommunalaufsicht weitergeleitet. Nach eingehender rechtlicher Prüfung beschied die Kommunalaufsicht per Schreiben am Ende Oktober 2021, dass sämtliche Befangenheitsgründe gegen Bürgermeister Oliver Borchert nicht bestätigt werden konnten.

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