Vom Abriss „Kaffee Kätzchen“ zum Abriss der Klosterfelder Kegelbahn – Eine steile Lernkurve im Rathaus?
In einem Interview, veröffentlicht am 11.01.2024 im „Wandlitz W.“, lenkt der Wandlitzer Investor Dr. Michael Czyborra fast jede Antwort – auch, wenn sie nicht zur Frage passt - auf seine heftigen Vorwürfe gegen die Gemeindevertreter. Sie hätten seine Baupläne in dem zurückliegenden Bebauungsplanverfahren „L 100“ torpediert, den Baubeginn um Jahre verzögert und ihm damit Schaden zugefügt.
Ein spätes Geständnis! Zu spät für „Kaffee Kätzchen“. Zu früh für den Abriss der Kegelbahn?
Torpedieren, verzögern, Schaden anrichten kann nach aller Logik nur, wer tatsächlich die Möglichkeit zur Einflussnahme hat. Genau diese Einflussmöglichkeit der Gemeindevertreter hat der Wandlitzer Bürgermeister jahrelang geleugnet. Die Behauptung, der Investor könne sein geplantes Bauvorhaben selbst dann unverändert umsetzen, wenn ein inhaltlich widersprechender Bebauungsplan vor Bauantragstellung in Kraft gesetzt würde, war, wie der Bauherr jetzt zugesteht, falsch. Tatsächlich wurden die Gemeindevertreter also in die Irre geführt. Es brauchte mehrere Anläufe und sogar ein eigenmächtiges Eingreifen des Bürgermeisters in einen bereits gefassten Gemeindevertreterbeschluss, bis sich die Gemeindevertretung auf eine Änderung ihres B-Plan Entwurfs einließ. Durch umfassendes Nachgeben in Bezug auf Volumen und Gestalt des Gebäudekomplexes sollte sich die Gemeindevertretung dem angeblich Unabänderlichen beugen. Damit hoffte sie, wenigstens das Zugeständnis des Bauherrn zu einer deutlichen Lageverschiebung des Gebäudes, weg vom vorderen Grundstücksbereich, und damit eine Minderung der städtebaulichen Dominanz des Bauwerks zu erreichen. Aus dem erhofften Zugeständnis wurde nichts.
Tatsächlich gab der mit dem Zugeständnis der Gemeindevertretung verbundene Zeitverzug dem Bauherrn erst die Möglichkeit, den Wettlauf zwischen Baugenehmigung und B-Plan zu gewinnen.
Entsprechend reichte er seinen Bauantrag auch erst nach diesem Etappensieg bei der zuständigen Baubehörde ein. Dass Kampfgeist in aussichtlosen Lagen nicht nur Berge versetzen, sondern den Gegner noch auf den letzten Metern in vollständige Lähmung versetzen kann, zeigte sich in der Endphase des Wettlaufs. So vergingen zwischen dem Satzungsbeschluss des Bebauungsplans und dem allerletzten Schritt zu seiner Inkraftsetzung, der Bekanntmachung im Amtsblatt der Gemeinde, fast fünf Monate. Genug Zeit für Aufholjagd und Siegesfeier des Bauherrn.
Mangelnde Impulskontrolle oder bewusste Ermahnung?
Unklar ist, ob das Timing der Schuldzuweisung des Investors gegenüber den Gemeindevertretern mangelnder Impulskontrolle geschuldet ist oder, ob die Gemeindevertretung zur Verhaltensanpassung im laufenden Verfahren ermahnt werden soll. Jedenfalls lenkt der Investor das Auge des Betrachters auf ein ebenso rasantes wie riskantes Bauvorhaben in Klosterfelde: Das Bauvorhaben „Am Bahnhof/Kegelbahn“ in Klosterfelde hat – was die Geschwindigkeit eines B-Plan Verfahrens anbelangt, für Wandlitzer Verhältnisse das Zeug zur Durchbrechung der Schallmauer. Auch in Bezug auf die Intransparenz des gesamten Verfahrens und die Verkürzung der Mitwirkungs- und Entscheidungsrechte der Gemeindegremien besteht Rekordverdacht. Zwischen Aufstellungsbeschluss und dem geplanten Satzungsbeschluss liegen nicht einmal 10 Monate. In der Gemeindevertretersitzung am 11.04.24 soll ein über den Bebauungsplan weit hinausreichendes komplexes Vertragswerk in Kraft gesetzt werden.
Es geht um ein Dreiecksgeschäft, das jedenfalls, was die Rolle der Gemeinde und des Klosterfelder Fußballvereins betrifft, nach Abenteuer riecht:
Die Gemeinde veräußert per Tauschvertrag ihr Grundstück an der Klosterfelder Bahnhofstraße, auf dem sich das vom örtlichen Kegelverein genutzte Kegelbahngebäude befindet, an den Investor. So kann dieser das Wohnungsbauvorhaben, das er zuvor in der 2. Reihe auf dem Nachbargrundstück geplant hatte, in die 1. Reihe an die Straßenfront der Bahnhofstraße verschieben. Er spart dabei die Tiefgarage, kann statt 30 jetzt 45 Wohnungen bauen und pro Wohnung wegen der besseren Lage einen höheren Erlös erzielen. Weil der Kegelverein weiterhin eine Kegelbahn braucht, soll der Klosterfelder Fußballverein auf dem benachbarten Gemeindegrundstück ein neues Kegelbahngebäude errichten. Kostenpunkt: ca. 1,6 Millionen. Die aktuelle Schätzung liegt sogar bei ca. 4,5 bis 5 Millionen EUR, weil der Fußballverein neuerdings ein 3-geschossiges Vereinsgebäude mit Restaurant und Wohnung errichten möchte, in das die Kegelbahn integriert werden soll.
Genaues ist über die finanziellen Mittel des Fußballvereins nicht bekannt.
Sie sind nach Andeutung der Verwaltung jedenfalls begrenzt. Selbst unter Verwendung eines Förderzuschusses der Gemeinde von 900.000 EUR, der anders als üblich, vorab an den Verein ausgezahlt werden soll, war dieser schon bei der ursprünglichen Bausumme auf Kreditaufnahme angewiesen. Deshalb soll die Gemeinde dem Fußballverein ein unentgeltliches Erbbaurecht über ein 5.400 qm großes Grundstück im Wert von rund 1 Million EUR übertragen und ihm die Belastung des Grundstücks mit Grundschulden in Höhe von bis zu 3,5 Millionen EUR gestatten. In dem Tauschvertrag mit dem Investor – so viel hat die Verwaltung vorab schon verraten – wird der Gemeinde bei hoher Vertragsstrafe eine Frist zur Herausgabe des Kegelbahngrundstücks bis zum 31.12.2025 gesetzt. Eine zeitgleiche Fertigstellungsverpflichtung oder gar Fertigstellungsgarantie des Fußballvereins für die neue Kegelbahn gibt es nicht. Wie auch, ohne nachgewiesenes Eigenkapital und ohne Finanzierungszusage einer Bank? Immerhin hat der Verein, wie die Verwaltung verlauten lässt, die Fertigstellung zum 31.12.2025 „fest im Blick“.
Man muss nicht jedes Detail dieses Vertragswerks nachvollziehen, um die immensen Risiken zu erkennen, denen sich die Gemeinde aussetzten soll, ohne dass auch nur ansatzweise irgendein Vorteil für sie erkennbar wäre. Die Kommunalverfassung hat solchen Aktionen der Gemeinde einen Riegel vorgeschoben. Es ist der Gemeinde schlichtweg verboten, Sicherheiten zugunsten Dritter, in diesem Fall also Grundschulden zugunsten der finanzierenden Bank des Fußballvereins, zu bestellen. Eine Ausnahme, die von der Aufsichtsbehörde genehmigt werden könnte, ist nicht in Sicht.
Noch größerer Sprengstoff könnte in dem Tauschvertrag zwischen Investor und Gemeinde stecken.
Die Kommunalverfassung schreibt vor, dass Vermögensgegenstände der Gemeinde nicht unterhalb ihres vollen Wertes veräußert werden dürfen. Deshalb muss für bebaute Grundstücke eine Wertermittlung durch einen vereidigten Gutachter erfolgen. Unabhängig davon darf die Gemeinde Vermögensgegenstände, die sie weiterhin zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigt, nur mit Genehmigung der Kommunalaufsicht veräußern und nur dann, wenn sie dadurch ihre Aufgaben nachweislich wirtschaftlicher erfüllen kann, als zuvor.
Ein Buchstabe macht den Unterschied.
Muss man die Verwaltung beim Wort oder gar beim Buchstaben nehmen, wenn sie sagt, laut notariellem Tauschvertrag sei das Grundstück der Kegelbahn bis zum 31.12.2025 „beräumt“ an den Investor zu übergeben? Anders als „geräumt“ beschreibt diese Formulierung nämlich im Sprachgebrauch der Notare den Zustand des Grundstücks nach Beseitigung aller darauf stehenden Gebäude. Soll sich die Gemeinde also tatsächlich verpflichten, die Kegelbahn vor Übergabe selbst und auf eigene Kosten abzureißen? Gegenüber einem Investor, der zur Schaffung einer riesigen Baugrube ohnehin großes Gerät einsetzen muss, wäre eine solche Verpflichtungsübernahme mehr als ungewöhnlich.
Rollentausch beim Abriss der Kegelbahn aus „Vereinfachungsgründen“?
Beseitigt die Gemeinde das Kegelbahngebäude schon vor der Grundstücksübertragung selbst, bliebe als Übertragungsgegenstand nur das unbebaute Grundstück. Mit dem Wert des Gebäudes könnte auch die Notwendigkeit der Erstellung eines Wertgutachtens entfallen. Und: Ein Vermögenswert, der
nicht mehr existiert, kann weder veräußert werden, noch einem Veräußerungsverbot unterliegen.
Eine interessante Idee. Auf den ersten Blick…
Verfasser:in:
Hanni Hopp, Mitglied des SPD-Ortsvereins Wandlitz