Auf der anderen Straßenseite

Jeden Montag versammeln sich bundesweit Menschen zu von ihnen sogenannten „Spaziergängen“, um gegen die Corona-Maßnahmen zu demonstrieren. Doch warum der Umschwung von großen, zentralen Demonstrationen hin zu lokalen, kleineren „Spaziergängen“? – Sogenannte „Spaziergänge“ haben drei wesentliche Vorteile:

Bildnachweis: acrobaat

Lokale Demonstrationen

Zum einen senken lokale Demonstrationen die Teilnahmeschwelle, indem sie leichter zu erreichen sind, und setzen so neben der bundesweiten auch die lokale Politik unter Druck.

 

Zum anderen sind die Organisator:innen von angemeldeten Demonstrationen verantwortlich für die Straftaten, die die Teilnehmenden begehen – besonders dafür, dass Maskenpflicht und Abstandsregeln eingehalten werden, was bei Demonstrationen gegen eben jene selten der Fall ist. Wenn man sie mit diesem Wissen also gar nicht erst anmeldet und als zufällige Spaziergänge tarnt, kann zumindest keine Einzelperson für die gesamte Demonstration belangt werden.

 

Der dritte Faktor liegt im Wort selbst: „Spaziergang“. Das Wort klingt viel weniger bedrohlich als „Demonstration“ oder „Protest“ und hat den Vorteil, dass man bei einer Polizeikontrolle ein zufälliges Zusammentreffen beim abendlichen Spaziergang vortäuschen kann.

 

An dem Wort „Spaziergang“ lässt sich aber noch eine ganz besondere Parallele feststellen: die zu Pegida. Bereits 2014 protestierten Rechte und Rassist:innen getarnt als „Spaziergänger:innen“ – damals eben nur gegen angebliche Islamisierung und Flüchtlingspolitik statt gegen Corona-Maßnahmen.

 

Und auch wenn es schwer ist, die politische Gesinnung der heutigen Maßnahmen-Gegner: innen festzustellen, verändert sich die Lage doch, wenn die AfD eine Kundgebung anmeldet, auf der ein vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestufter Redner auftritt.

 

Sich missverstanden fühlen

Aber das ist genau die Stelle, an der wir vorsichtig sein müssen, denn einige – hoffentlich die Mehrheit – dieser Spaziergänger:innen sind in keiner Weise rechts eingestellt. Sie fühlen sich einfach missverstanden und ungehört von der Regierung und wollen ihren Frust über die Corona-Maßnahmen ausdrücken und das ist auch ihr gutes Recht.

 

Nur kommt es eben auf die Art und Weise an: Wer unangemeldet und ohne sich an die geltenden Gesundheitsschutzmaßnahmen zu halten demonstriert, kann sich eben nicht mehr hinter der Meinungsfreiheit verstecken. Und wer an der Seite von rechtsextremen Redner:innen einer rassistischen Partei*) demonstriert, trifft damit eben auch eine Aussage und sollte nicht erwarten, ausschließlich an seiner Kritik zur Corona-Politik bemessen zu werden.

 

Wir möchten diese Menschen nicht Rechten wie der AfD und ihren Rednern und Verschwörungslügen und Hetze aus dem Netz überlassen. Wir möchten sie ermutigen, von ihrer Meinungsfreiheit auf legalem Wege und unbelastet von rechtsgerichteter Ideologie Gebrauch zu machen.

 

Und all den Menschen, die ihnen zusehen und besorgt oder gar noch unentschlossen sind, möchten wir ein Zeichen senden, dass das nur die laute Minderheit ist und dass die Mehrheit mit beiden Füßen auf dem Boden des Grundgesetzes hinter der Regierung und ihren Gesundheitsschutzmaßnahmen steht.

 

Deshalb standen wir auf der anderen Straßenseite.




Verfasser:in:
Luzie Seeliger

Externe Links zum Artikel:
https://www.institut-fuer-menschenrechte.de/aktuelles/detail/rassistisch-und-rechtsextrem-klare-abgrenzung-von-der-afd-geboten

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