Ein Chausseehaus in Ãœtzdorf

Alte Postkarten erzählen Geschichte. In dieser Ausgabe wollen wir beginnen, anhand alter Postkarten Geschichten und Geschichte aus unserer Gemeinde zu erzählen. Am Anfang unserer kleinen Serie steht die Jugendherberge in Ützdorf.

Bildnachweis: Dellmann, Ãœtzdorf Chausseehaus ca. 1911

Jugendherberge seit dem letzten Jahrhundert

Fast alle sind auf dem Weg um den Liepnitzsee oder auf dem Weg von Wandlitz nach Lanke schon an der Jugendherberge vorbeigekommen. Seit Beginn der Zwanzigerjahre des letzten Jahrhunderts gibt es sie bereits. Seit der politischen Wende befindet sie sich in der Trägerschaft des Deutschen Jugendherbergswerks, Landesverband Berlin-Brandenburg e.V. (DJHW). Zu DDR-Zeiten verwaltete die Gemeinde Lanke die Jugendherberge. Auch wenn sie eine der kleineren Jugendherbergen in Brandenburg ist, so erfreut sie sich doch aufgrund ihrer wunderbaren Lage und der Nähe zu Berlin großer Beliebtheit.

Eigentumsseitig liegt das Jugendherbergsgrundstück seit über 100 Jahren bei der Stadt Berlin, genauso wie auch der Liepnitzsee, Teile des Liepnitzwaldes sowie Schloss und Park Lanke. Im Jahre 1914 erwarb Berlin den kompletten Lanker Besitz vom Urenkel des Grafen v. Redern. Berlin hatte damals klare Ziele für die Naherholung seiner Bevölkerung. Dieser Kauf und auch die Umnutzung des Chausseehauses zur Jugendherberge gehörten dazu. Das Fachwerkgebäude wurde jedoch nicht als Jugendherberge errichtet. Eine alte Postkarte, datiert aus dem Jahr 1911, zeigt uns folgende Aufschrift: Chausseehaus – Uetzdorf i.M. Auf der Aufnahme fallen sofort der kleine Anbau am Gebäude und der sich davor befindliche Schlagbaum ins Auge. Letzterer – ein untrügliches Zeichen für eine sich noch in Betrieb befindliche „Mautstation“. Auch die Brücke mit der darüberführenden Chaussee von Wandlitz nach Lanke lag damals unmittelbar am Gebäude der heutigen Jugendherberge. Erst im Jahr 1968 wurde die Brücke komplett neu errichtet und um einige Meter Richtung Liepnitzsee versetzt.

 

Nach Angaben des Heimatforschers Rudi Schinkel ließ der Gutsbesitzer von Lanke, Graf v. Redern, 1865/66 auf seinem Territorium eine Chaussee von Lanke zur Prenzlauer Chaussee (Arendseer Kreuzung) in eigener Regie bauen. Er fühlte sich in Lanke schlecht angebunden. 1887 erhielt die von v. Redern gebaute Straße die staatliche Anerkennung als sogenannte Kunststraße. Zu vermuten ist, dass ab dem Zeitpunkt der Fertigstellung der Straße die Nutzer Chausseegeld zahlen mussten. Warum das Chausseehaus in Ützdorf stand, kann man nur vermuten. Die „Engstelle“ in Ützdorf lag günstig, dies minimierte sicher den Aufwand. Auch gab es eine weitere wichtige regionale Wegeverbindung, welche heute nur noch von Radfahren oder Forstfahrzeugen genutzt wird. Sie führte direkt von Klosterfelde (Bernauer Weg) über den Abzweig nach Bogensee, dann über Ützdorf weiter nach Lanke bzw. Bernau. Auch wer hier unterwegs war und die Chaussee nur teilweise nutzte, wurde „zur Kasse gebeten“.

 

Das Preußische Chausseegeld

Zum 1. 1. 1875 hob Preußen das Chausseegeld für die Staatsstraßen auf. Wenige Jahre später entfiel es auch für die sog. Aktien- und Kreis-Chausseen. Warum im Jahr 1911 in Ützdorf noch der Schlagbaum stand und wohl auch noch ein Chausseegeld zu zahlen war, bleibt weiteren Archivstudien vorbehalten. Die Chausseegeldzahlung in Ützdorf endete wohl erst kurz nach dem 1. Weltkrieg. Mitte der dreißiger Jahre verschwand der kleine Anbau des Fachwerkgebäudes und nichts deutete mehr auf ein ehemaliges Chausseehaus hin.

 

Um die Geschichte der Jugendherberge Ützdorf auch den Besuchern zugänglich zu machen, ist für das zweite Halbjahr 2022 die Erstellung einer kleinen dauerhaften Dokumentation im Haus geplant.




Verfasser:in:
Reinhold Dellmann

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