Dagegen

Mai 2023

 

Mit 15 fand ich bis auf Katrin aus der 9c alles Scheiße und hatte nicht den Ansatz einer konstruktiven Idee. Das mag aus heutiger Sicht selbstgewählter, adoleszenzbedingter Bildungsferne zuzuschreiben zu sein und wurde mit den Jahren auch besser. Heute habe ich es immerhin auf’s T-Shirt von Heinzi geschafft in trauter Gemeinsamkeit mit einem gewissen Herrn J.Goebbels.

Ob das jetzt allerdings der ultimative Ritterschlag ist?
Für Uneingeweihte: Heinzi, Wandlitzer Ureinwohner, trug am 25. Mai in der Gemeindeversammlung das Bürgermeisterabwahlbegehren unter Anderem der Superfraktion vor und auf dem wuchtigen Leib ein T-Shirt, auf dem die folgend genannten Herren als Hetzer gebrandmarkt wurden.
Was allerdings Goebbels, J. Reichelt, L. Thoma und ich auf dem Heinzi-T-Shirt vereint, weiß wahrscheinlich nur Heinzi.
Auf der Rückseite des Kleidungsstückes wurden Tageszeitung, Radio, TV und Internet als Medienhure bezeichnet. Man kann nicht alles kommentieren.
Der Vergleich mit Goebbels dürfte locker justiziabel sein. Ich habe aber überhaupt keine Lust, arme Menschen zu verklagen. Vielleicht unterhalte ich mich mit ihm mal darüber.
Also, erstmal dagegen sein, abwählen, weg damit, Schuld verteilen, Dinge aus dem Kontext reißen und somit die Schuldfrage klären. Weil, wenn wir einen Schuldigen haben, können wir fröhlich darauf rumdreschen und sind die Guten. So einfach kann das Leben sein.
Also weg mit dem Borchert, dem Unhold, dem korrupten Schwein und seiner ganzen willfährigen Bande an machtversessenden Schmierfinken und Hofschranzen, weg mit allen, die nicht unserer Meinung sind.
Und was dann? Wenn alle weg sind, abgewählt, eingeschüchtert und mundtot, weil sie nicht so laut schreien und vielleicht auch Zweifel an einfachen Lösungen haben? Zweifel, die Heinzi vermutlich überhaupt nicht kennt? Alles Scheiße finden und keine konstruktive Idee, wie ich mit 15.
Wer solls denn richten? Wer aus dieser Gemeinde hat denn das Format und das Wissen, es besser zu machen? Freiwillige vor.
Wo gehobelt wird, fallen Späne. Und sicher macht der Borchert Fehler und einige Punkte auf der Heinzi-Liste haben durchaus eine gewisse Relevanz und müssten besprochen werden.
In einer Gemeindeversammlung, wo es zunehmend um persönliche Befindlichkeiten geht und eine Superfraktion die Kelle schwingt, die in ihrer Machtfülle so vermutlich nicht ganz den Willen der Wähler:innen abbildet, dafür aber mehr oder weniger offen mit den Rechten kungelt, ist das derzeit scheinbar kaum noch möglich. Inhalte gehen halt unter, wenn teils hasserfüllte Polemik regiert.
Heinzi tut mir ein bisschen leid. Er muss jetzt für die Superfraktion mit mindestens albernem aber auch ziemlich gemeinem T-Shirt dagegen sein, muss bei den Spaziergängern, die ja jeden Montag dagegen sind, den Anmelder und Plakatträger machen.
Der Mann ist vielleicht ein netter Kerl, brüllt aber zum Beispiel bei öffentlichen Veranstaltungen inhaltslos dazwischen, pöbelt danach Passanten an, trägt auch gerne unverständliche Botschaften auf Pappschildern spazieren und tut öffentlich kund, dass er gegen Schwule und Ausländer ist, einfach so, ich stand daneben. Ich dachte, sowas gibt’s gar nicht mehr in Reinkultur.
Und den schickt ihr vor? Das ist euer Sprachrohr?
Liebe Superfraktion, ihr schickt Heinzi ins Feuer, weil ihr selbst zu feige seid. Ihr toleriert es, dass Heinzi in eurem Namen normale Bürger mit Goebbels vergleicht. Ihr macht gemeinsame Sache mit einem, der ganz klar rechte und rassistische Narrative öffentlich zur Schau stellt.
Schämt Euch!
Und wer lacht sich heimlich ins Fäustchen, wenn gewählte Volksvertreter, mehrheitlich engagierte und intelligente Leute so agieren?
Ich bin übrigens dagegen!




Verfasser:in:
Otto

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