Gedanken zur Wahl – Teil 2

Gedanken zur Wahl in Wandlitz


Keiner will mehr rechts sein

Wenn mir jemand vorwirft, links zu sein oder linksgrün, würde ich ihm zu seinem Scharfsinn gratulieren und mich über das Kompliment freuen. Dabei ist rechts ja erst einmal nur eine Einordnung.
Die Linken sind halt links und die CDU war früher rechts. Dazwischen die SPD, die, seitdem es die Linken wieder als solche gibt, nicht so recht wissen, wohin mit sich. Nicht zuletzt, weil sich die Grünen da auch noch reingedrängelt und die Altsozis in die Mitte geschubst haben, wo die aber noch nie sein wollten. Irgendwo da irrlichtert auch noch die sogenannte FDP herum. Früher Königsmacher, heute …, ja weiß ich nicht.
Soweit, so gut und Grund genug für demokratischen Zank und Streit auf allen Ebenen.
Irgendwann aber blinkte dann rechts neben der CDU ein blaues Lichtlein auf, wurde stärker und hat sich als AfD etabliert. Schon immer rechts außen und auch ein bisschen eklig, haben die sich in relativ kurzer Zeit völkisch radikalisiert und stellen aktuell, zumindest aus meiner Sicht, eine Bedrohung der Demokratie dar.
Ok, da würde ich auch nicht rechts sein wollen aber mich verdächtigt diesbezüglich ja auch keiner.
Alle wollen die bürgerliche Mitte besetzen und das Volk sein, geht aber nicht. Erstens wegen der Orientierung und Einordnung und zweitens, weil sich nicht alle so benehmen. Wenn, zum Beispiel, jeden Montag die unerschrockenen Spaziergänger:innen mit ihren teils merkwürdigen Botschaften und einem Friedenshund die L100 rauf und wieder runter latschen, ist das, wenn man nicht zu sehr ins Detail geht, weder rechts noch links, im besten Fall naiv. Wenn sie dies allerdings mit dem Vorsitzenden der örtlichen himmelblauen Rechtspartei tun, naja dann müssen sie sich die rechte Plakette wohl ans Revers heften lassen. Oder wenn ein bekannter Zwischenrufer, der auch Vergleiche mit Nazigrößen nicht scheut, auf einem Plakat, das von einem Schwert gehalten wird, beklagt, in die rechte Ecke gedrängt zu werden, hat er in dem Augenblick genau das gerade selbst getan und wohl auch grundsätzliches nicht verstanden.
Wie wär‘s denn, sich klar von rechts zu distanzieren? Das tun sie dann aber auch nicht. Wer mit den Haien schwimmt, ist halt kein Friedfisch. Auch wenn er sich so fühlt und auch gar nicht gefährlich aussieht.

 

Nazis die Hand geben? Ja klar, gerne mitten ins Gesicht. Das waren die achtziger Jahre und ich hatte schon damals leise Zweifel, ob das so funktioniert.
Heute, 40 Jahre später, hat sich auch bei mir herumgesprochen, dass dies nicht so zielführend ist und miteinander reden eine mittlerweile anerkannte Problemlösungsstrategie ist. Aber geht das, mit Nazis reden? Und wer ist überhaupt Nazi? Will ja erst recht keiner sein.
Nun könnte man ja den Bogen von einem thüringischen Festtagsredner, den man offiziell als Nazi bezeichnen darf und der eine anerkannte Größe im schon erwähnten himmelblauen Nationaltümelverein darstellt, zu deren Fans und Wählern schlagen. Zu denen eben auch die grundsoliden Montagswanderer gehören.
Könnte, aber will ich nicht, weil die meisten Menschen, die in irgendeiner Form mit der Höckepartei sympathisieren, eben überhaupt keine Nazis sind, rechts sind sie aber locker.
Und wenn die blauen Nationalisten irgendwann die Macht übernehmen und ihr wahres Gesicht, das jetzt immer mal wieder hinter Potsdamer Fenstern unscharf aufblitzt, ganz offen zeigen? Werden dann die Sympathisanten relativ zügig zu Nazis?
Es wäre nicht das erste Mal in der Geschichte unseres Volkes.

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