Lächeln und Fiebermessen
Juni 2021
Bilder mit süßen Kindern und von vor skrupellosen Rumänen geretteten Hundebabys gehen immer, mit verdienstvollen Ehrenamtlern auch. Rechts das süße Kind und links der so betagt wie verdienstvolle Ehrenamtler halten das Sperrband und in der Mitte fidelt sich der Gemeindemonarch mit überdimensionaler roter Scheere und getragener Miene durch das Flatterband um hernach erlöst lächelnd den Spielplatz, die Parkbank mit Papierkorb oder den neuen Fahrradständer freizugeben. Wohl wissend, dass das nach Hoffnung und froher Kunde dürstende Volk beim morgendlichen Eierpellen die heroische Tat in der ländlichen Presse bestaunen und den selbstlosen Potentaten vielleicht bei der nächsten Wahl mit entsprechender Stimmabgabe belohnen wird. Hundewelpen sind an dieser Stelle einfach zu unzuverlässig.
Weiland bei Durchlaucht Tiepelmann klappte zumindest die präsidiale Pose hervorragend und auch die immer gut blondierte Frau Doktor strahlte und lächelte, dass es nur so strahlte und lächelte. Tiepelmanns Frohsinn wirkte irgendwann doch etwas routiniert und ein wenig eingehängt. Dies wusste er mit gnadenloser Quantität mehr als wettzumachen. Ein vielleicht nicht ganz so häufiges, dafür qualitativ hochwertiges Strahlen und Lächeln wusste hingegen Frau Dr. Radant der geneigten Leserschaft zu präsentieren. Und heute, Tristesse. Ortsteilgrößen und die sich dafür halten zeigen mit erhobenem Daumen ihr Gebiss und ein Bürgermeister, oft am Rande oder in zweiter Reihe, lächelt leicht gequält ins Objektiv. Ob er gerade Spaß hat? Man weiß es nicht so genau.
Medial unterrepräsentiert, als Baulöwe mit einschlägigen Interessen verschrien, in den asozialen Medien geteert und gefedert und auch der zuständige MOZ-Redakteur ist wohl nicht sein allerbester Freund. Jeder Personal Coach würde sich die Haare raufen. Was macht der Borchert eigentlich sonst noch so? Während sich z.B. lokalpolitische Untergrößen eine populistische Petition nach der Anderen aus dem Knie ziehen, Stimmung gegen Ortsvorsteher und die ganze korrupte Bande da oben in der Wandlitzer Verwaltungsfestung machen, sich dafür medial auf den letzten Asiportalen abfeiern lassen und auch dem Wohlwollen aus der rechten Ecke nicht abgeneigt sind, hämmert ein Bürgermeister, dessen Augenringe zuweilen Kniekontakt haben, am Wochenende an Pavillions für die feiernde Jugend rum oder steht, mittlerweile schon das sechste Mal, schwitzend in der Sporthalle und begrüßt jeden Impfwilligen persönlich mit dem Fieberthermometer. Apropos Impftag. Wo waren denn bisher die Kümmerer aus den bekümmerten Fraktionen? F.Bg.W., die willfährigen und meinungslosen Handlanger des Bürgermeisters, sind immer wieder als Helfer vertreten und der unermüdliche Simon von der CDU auch. Alle anderen Würdenträger und deren gibt es reichlich, waren wohl zu Hause, was ihnen am Wochenende gegönnt sei. Der Eine oder die Andere ersann vielleicht gerade Konzepte, um ihren gewählten Ortsvorstehern am Stühlchen zu sägen, ein geplantes Bürgerforum zu hintertreiben oder sich über fehlende Spielplätze zu echauffieren, obwohl diese längst geplant sind und auch realisiert werden. Heere Vorhaben um immer wieder etwas Sand ins Getriebe einzupflegen. Ob es da auch um Pöstchen, Neid und um die nicht allzu ferne nächste lokale Wahl geht?
Doch keine Aktion ohne Artikel und Grinsebild in der meinungsmachenden Ortspostille. Und anstatt irgendwo schnell was einzuweihen, sich flugs danach aufs heimische Fläzmöbel zu drapieren und den Rotwein zu enkorken, steht der Borchert in der Sporthalle rum und fiebert mit. Ob er daran Spaß hat. Man weiß es auch hier nicht so genau. Scheint ihm irgendwie wichtig zu sein. Er macht halt seinen Job, ohne Kinder, Welpen und ohne große rote Scheere, mit Ehrenamtlern und Thermometer.
Verfasser:in:
Otto