Lassen Sie uns reden! Ãœber digitale Medien und unsere Kinder.

Einladung der Jugendkoordinatorin Stefanie Großpietsch vom IB zum Gespräch über soziale Medien und wie wir unsere Kinder und jungen Heranwachsenden sicher und kompetent beim Umgang mit diesen begleiten.

Podiumsdiskussion zur Mediennutzung von und Gefahren für Kinder und Jugendliche, Bildnachweis: WPunkt

Der Einladung des Internationalen Bundes IB am 15.Oktober 2024 folgten ca. 45 Interessierte, meist Frauen aus Bildungs- und Sozialen Berufen und einige betroffene Eltern. Vorausgegangen waren Projekttage zu Thema „social media“ an unseren 3 Grundschulen, deren Ergebnisse auf Postern an den Wänden ausgestellt wurden. Besonders beeindruckte fand ich die hohe Zahl der genannten Influencer, die die Kinder aufgeschrieben hatten. Nach einem Impulsvortrag mit dem erfahrenen Medienpädagogen Steven Pfeiffer folgte eine Podiumsdiskussion.

Impulsvortrag

Im Vortrag wurde der Rahmen und die Risiken der Mediennutzung bei Kindern und Jugendlichen vorgestellt. Die Risiken wie Mobbing im Netz, der Einfluss von Influencern durch Vermittlung problematischer Rollenbilder und versteckter Werbung sowie die „Mutproben“ (dabei sogar „Challenges“ mit Todesfolge) waren den Anwesenden bereits bekannt.  Man fragt sich unweigerlich, wie die vermittelten Idealtypen und deren problematisches Rollenverhalten unsere Gesellschaft in Zukunft prägen werden.

 

Das Ausmaß und das sogenannte Cybergrooming (Belästigung, gezielte Manipulation bis zum Missbrauch im Internet) war erschreckend hoch. Bereits 24% der Kinder und jungen Heranwachsenden wurden von Erwachsenen kontaktiert, 16% schon zu sexuell motivierten Taten aufgefordert wie z.B. Nacktfotos zu posten. Auch die Vielzahl der teils gefährlichen Mutproben, zu denen aufgefordert wird, erschrecken.

 

Was können wir tun, um Suchtverhalten und anderen Gefahren entgegenzuwirken? In jedem Fall

  • mit gutem Beispiel vorangehen was den eigenen Medienkonsum angeht;
  • nicht verteufeln, sondern besprechen, was uns bewegt, interessiert oder quält;
  • miteinander Entscheidungen treffen und diese konsequent, d.h. für Eltern und Kinder bzw. junge Heranwachsende umsetzen.

 

Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung ermittelte, dass bereits mehr als 22% der 12- bis 17- Jährigen einen problematischen Medienkonsum haben. Vertieft und mit drastischen Beispielen aus der Schullandschaft unserer Gemeinde wurde das Thema dann in der Podiumsdiskussion.

 

„Let‘s talk about Medien“ – Podiumsdiskussion

 

Auf der Bühne empfing der Moderator die Schulsozialarbeiterin des IB Stefanie Geisler, den Kinderarzt Dr. Martin Rothe, den Polizisten Kremer und das Mitglied des Jugendparlament Wandlitz Eliot Seeliger, um ihnen verschiedene Fragen zum Thema des Abends zu stellen.

Stefanie Geisler erzählte anonymisiert von den Themen, über die sie mit den Grundschulkindern als Schulsozialarbeiterin spricht. Ein wichtiges Thema in den Klassen sei der Klassenchat, in dem es häufig zu Mobbing von Gruppenmitgliedern kommt. Laut der „Cyberlife“-Studie (2024) des Aktionsbündnisses gegen Cybermobbing ist fast jede:r fünfte Schüler:in von Cybermobbing betroffen. Wie Geisler berichtete, sind die Schüler:innen an der Grundschule häufig überfordert mit der Verwaltung dieser Gruppen, da sie – wie Geisler passend verglich – sich häufig noch nicht mal ihr Schulbrot selbst schmieren können.

 

Auch Pornografie sei ein Thema, welches einige Kinder ansprechen, erzählte die Schulsozialarbeiterin. Sie redete sehr detailliert darüber, wie Hardcorepornografie unrealistische Vorstellungen von Sex und Körperbildern bei den Kindern erzeuge. Ein Blick ins schockierte Publikum verriet, wie ungewohnt dieser direkte Umgang mit dem Thema für viele Eltern war.

 

Herr Kremer konnte während der Diskussion sowie bei den anschließenden Fragen der Eltern zur polizeilichen Verfolgung von online-Kriminalität mit Fakten zu Statistiken und Haftbarkeit aufklären. So berichtete er, dass die Aufklärungsquote von Cyberkriminalität insgesamt zwar bei ca. 30% liegt, sexualisierte Cyberverbrechen jedoch zu fast 100% aufgeklärt werden. Die Identitäten der Kriminellen sind über hinterlegte E-Mail-Adressen und Telefonnummern zuverlässig zu ermitteln, vergewisserte er den Eltern.

 

Eliot Seeliger vom Jugendparlament Wandlitz war eingeladen, um die Perspektive der Jugendlichen zu vermitteln. Aus Seeligers Sicht ist die zunehmende Radikalisierung hin zu extremistischen Meinungen durch die individuellen Algorithmen die präsenteste Gefahr in den sozialen Medien. Ein solches Beispiel sei der „Alpha Männer“-Trend, der männlichen Jugendlichen blinden Sexismus in Form von Verhaltenstipps vermittele.

 

Kinderarzt Dr. Martin Rothe ergänzte die medizinischen Folgen des zunehmenden Medienkonsums unter Kindern und Jugendlichen. Die Zahl an adipösen (stark übergewichtigen) jungen Menschen habe deutlichzugenommen, da sie in ihrer Freizeit häufig online seien statt sich draußen mit ihren Freunden zu treffen und sich zu bewegen. Dieser Bewegungsmangel trägt auch dazu bei, dass psychische Krankheiten wie Depressionen immer mehr zunehmen. Dies wird zusätzlich befördert durch die konstante Ausschüttung von Glückshormonen bei der Nutzung von sozialen Medien oder Videospielen. Die Abwesenheit von Glückshormonen im realen Leben führe dann z.B. in der Schule zu Aufmerksamkeitsdefiziten.

 

Auch Sehstörungen, insbesondere Kurzsichtigkeit, ließen sich in der heranwachsenden Generation immer häufiger beobachten. Aus den genannten Gründen warnte der Kinderarzt ausdrücklich vor dem Medienkonsum und riet den Eltern, diesen klar zu begrenzen. Für Kinder unter 4 Jahren empfahl er, den Medienkonsum vollständig zu unterlassen.

 

Eliot Seeliger riet den Eltern, eine Begrenzung des Medienkonsums gemeinsam mit ihren Kindern zu beschließen, da dey1 aus eigener Erfahrung erzählte, dass insbesondere Jugendliche immer einen Weg fänden um Regeln zu umgehen, wenn sie sich diese nicht selbst gesetzt hätten. Um trotz aller negativen Aspekte auch die positiven hervorzuheben, berichtete dey1 wie der Kontakt zu anderen queeren Menschen online dey1 den Mut gegeben hatte, sich selbst zu akzeptieren und sich zu outen.

 

Anschließend stellten einige Eltern noch Fragen an das Podium, ob sie z.B. einen Nintendo anschaffen sollten oder ab wie viel Jahren das Kind sein eigenes Smartphone erhalten solle.

 

Dem IB schien es gelungen ein diverses Podium einzuladen, um den Eltern aus unterschiedlichsten Sichtweisen etwas mit auf den Weg zu geben.




Verfasser:in:
Eliot Seeliger, Jugendparlament Wandlitz, und Eva-Maria Dombrowski, WPunkt

Anmerkungen der Redaktion:
1 dey/deren sind geschlechtsneutrale Personalpronomen. Hier gemeint ist Eliot Seeliger.

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