Buchtipp: Winterschmetterlinge von Doreen Mechsner

Geschichten über die Magie des ersten Augenblicks. Erinnern Sie sich noch an ihre erste Liebe? Oder die zweite oder die dritte, die ganz große? Wenn Paare davon erzählen, wie sie einander kennengelernt haben, wie sie einander vielleicht (nicht) gesucht und (trotzdem) gefunden haben, leuchten ihre Augen und ihre Gesichter strahlen. Es ist, als würden sie ihre mitunter vom Alltag vernachlässigte Liebe mit dem Erinnern an diese Zeit übergroßer Schmetterlinge im Bauch neu beleben. Auch den Zuhörenden erreicht diese Liebe, erwärmt ihn und weckt eigene Erinnerungen.

Ich wollte nicht irgendeinen Mann, ich wollte MEINEN Mann

In ihrem neuen Erzählband fängt Doreen Mechsner jene magischen Momente erster, zarter Verliebtheit ein, aus denen mitunter die große Liebe erwachsen kann. Wie schon für ihre bisherigen Bücher hat die Autorin auch für ihre „Winterschmetterlinge“ Menschen unterschiedlichster Couleur in gewohnt einfühlsamer Art danach befragt, wie sie einander kennen- und lieben gelernt haben. In ihren Geschichten erzählt sie von jenen scheinbar zufälligen Augenblicken, die das Leben ihrer Figuren entscheidend veränderten. Dabei schafft sie eine Atmosphäre zwischen Realität und Magie, die den Leser unmittelbar ergreift. Unweigerlich stellt sich die Frage nach Vorsehung, nach Bestimmung, danach ob es tatsächlich für jeden Menschen den einen passenden Partner gibt.

Pauline ist achtundzwanzig als ihr Elias endlich begegnet. Lange schon sehnt sie sich nach einem Partner. Im Tanzkurs gab es mal einen hartnäckigen Bewerber. „Aber“, sagt Pauline, „ich wollte nicht irgendeinen Freund, irgendeinen Mann, ich wollte MEINEN Mann. Natürlich weiß sie, wie ungewöhnlich es ist, mit achtundzwanzig noch nie einen Freund gehabt zu haben. Sie schmerzt das wohlmeinende Drängen ihrer Freunde. Am Ende jedoch loht sich ihr geduldiges Warten.

In „Gelbe Ranunkeln“ erzählt Doreen Mechsner die Geschichte von Monika und Herbert, die beide nur eins wollen: frei sein. Unabhängig voneinander suchen sie das Abenteuer, nicht im anderen Geschlecht, sondern in Südamerika beziehungsweise den österreichischen Bergen. Ihre Mütter zeigen für solche Spierenzchen kein Verständnis, sie, die den Kriegswirren entkommen sind, streben nach nichts anderem als geordneten Verhältnissen für ihre Kinder. Mit einer Annonce, die Herberts Mutter im Katholischen Blättchen veröffentlichen lässt und die Monikas Mutter entdeckt, hoffen die beiden „Alten“ das Leben ihrer Sprösslinge in vernünftige Bahnen lenken zu können.

Mehr als „nur“ Geschichten über die Liebe

Siebzehn kleine große Geschichten darüber, wie Paare einander kennengelernt haben, hat Doreen Mechsner eingefangen. Die früheste, die zarte Geschichte von Alma und Mathis, beide fast noch Kinder, spielt vor mehr als einhundert Jahren, die jüngste, „Unvermittelbar“, trug sich vor knapp zwei Jahren zu. Mitten in der Corona-Zeit verlieben sich Tim und Lizzi, beide schon jenseits der fünfzig, ineinander. Dass die Liebe auch vor dem Alter nicht Halt macht, erzählt Ida in ihren lebhaften Erinnerungen „Winterschmetterlinge“, die dem Erzählband schließlich seinen Namen gaben.

Neben der Liebe thematisiert Doreen Mechsner in ihren Geschichten auch historische Begebenheiten, greift kulturhistorische Aspekte auf, vermittelt Werte und öffnet den Blick für die Welt.

Sind die Geschichten echt, sind sie wirklich so geschehen?

Tatsächlich basieren alle Geschichten auf wahren Begebenheiten. In einigen lässt Doreen Mechsner, ähnlich wie in ihren vorherigen Büchern „Wege“ und „Ich möchte einfach noch Bäume ausreißen! Aber nur kleine“, die Protagonisten – so fein literarisch bearbeitet, dass Ton und Timbre ihrer Gesprächspartner erhalten bleiben – selbst erzählen. In den anderen, und das ist neu in Doreen Mechsners Schreiben, gewährt sie ihrer Fantasie freien Lauf und macht aus Eckdaten, die ihr zugetragen worden sind, kleine anmutige Geschichten, von denen man wünscht, dass sie nie enden mögen. Sind die Geschichten echt, sind sie wirklich so geschehen?, fragt sich Schriftstellerkollegin Jana Franke-Frey und hofft: Bitte lass sie echt sein! Sie sind so wunderbar, so lieblich, traurig, rätselhaft, poetisch dicht und dennoch leicht. Dieses neue Erzählen von Doreen Mechsner, resümiert Franke-Frey, ist reich an Sätzen, in denen man kein einziges Wort versehentlich überlesen mag. In ihren „Winterschmetterlingen“ beschenkt uns Doreen Mechsner mit ihrer einzigartigen Sprach- und Erzählkraft.

Bildnachweis: umland verlag, Doreen Mechsner



Verfasser:in:
PM Umland Verlag, www.umland-verlag.de/

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