100 Jahre Linden-Apotheke
Der Ursprung liegt im Mai 1921, als der Apotheker Karl Hildebrandt sich in Wandlitz neben dem „Goldenen Löwen“ ansiedelte. Sechs Jahre später wurde in der Breitscheidstraße gebaut, dort, wo heute ein Friseursalon ist. Seit 1969 ist Sieglinde Krapf, Apothekerin und Pharmazierätin, dabei, erst im Kollektiv, dann war sie mutig und übernahm die Apotheke mit der Wende privat in ihre Hand. Heute hat sie alles an Tochter und Enkelin übergeben: Ellen Teuchert als Inhaberin und Sabine Wermke als Filialleiterin. W. im Gespräch mit der 84-jährigen Sieglinde Kraft und der Enkelin Sabine Wermke:
Was unterscheidet die Leitung und den Betrieb einer Apotheke damals von heute?
Wir haben ja früher im Kollektiv gearbeitet, auch in den damaligen Ausgabestellen in Klosterfelde, Zerpenschleuse und Groß Schönebeck. Arzneimittel sind damals wie heute „Waren der besonderen Art“: die Preisbindung für verschreibungspflichtige Arzneien gilt für deutsche Apotheken, die Vielfalt der Anbieter hat sich aber erhöht. Beraten durften wir damals nicht, wir sollten die Patienten zum Arzt schicken. Werbung war überhaupt nicht erlaubt, es gab daher nur Blumentöpfe im Schaufenster. Es gab nur etwa 10 frei verkäufliche Produkte wie Traubenzucker oder den Hustensaft Fagusan (damals Krevavin), der ist heute noch erhältlich. An unserer wunderschönen, nun antiken Kasse durften die Kinder auch mal drehen!
Der Umzug der Linden-Apotheke in die Prenzlauer Chaussee in 1994 war für mich sehr wichtig, ein zentraler Standort ist ja auch heute noch entscheidend. Zum Glück durften wir den Namen mitnehmen und damit die Apotheke ihm auch alle Ehren macht, pflanzte ein hilfsbereiter Nachbar auch gleich eine neue Linde vor die Tür.
Sie haben ja damals eine moderne Apotheke übernommen, nun hat sich durch die Digitalisierung wieder vieles verändert.
Zur DDR-Zeit war die Apotheke neu und sehr modern, aber mit der Markwirtschaft hatten wir ganz andere Möglichkeiten und standen staunend auf der Messe vor den neuen Apparaten. Heute kontrollieren die pharmazeutisch-technischen Angestellten bei uns die Inhaltsstoffe der Pulver mit einem Nahinfrarotgerät, das ein großes Spektrum an Stoffen identifizieren kann und auch das Prüfprotokoll erstellt.
Kann es denn in öffentlichen Apotheken dazu kommen, dass Fälschungen abgegeben werden – im Vergleich zu dem Kauf übers Internet?
Wir arbeiten mit dem sogenannten SecurPharm System. Auf jeder Packung gibt es einen Code incl. Verfallsdatum. Es ist damit ausgeschlossen, dass gefälschte oder überlagerte Medikamente eingelagert oder abgegeben werden.
Nun wird die Linden-Apotheke wieder auf den neuesten Stand gebracht, was heißt das?
Wir bekommen viermal täglich Ware, die wird über einen Kommissionier-Automaten eingelagert. Kameras erfassen die Abmessungen der Packung und der automatische Greifer legt das Produkt entsprechend im Regallager ab. Wenn dann ein Patient kommt, wird das Rezept eingescannt, unser Computer leitet die Anforderung an den automatischen Greifer weiter, der findet das Produkt und über eine Rutsche wird es direkt hinter dem Verkaufsraum bereitgestellt. Wir müssen nicht mehr im Apothekerschrank suchen und haben mehr Zeit, ausgiebig zu beraten. Außerhalb unserer Öffnungszeiten können die Arzneimittel sogar in Abholfächern bereitgestellt werden, das wird an der Linden-Apotheke gerade neu installiert. Die kontaktlose Abholung ist damit rund um die Uhr möglich, über den eingescannten Abholschein oder eine Pin ist die bestellte Ware von außen zugänglich.
Bei uns ist jetzt alles fit für die Zukunft, auch auf das kommende E-Rezept sind wir vorbereitet!