TaW: zehnte Spielzeit und kein bischen leise!
Julia Horvath und Sascha Gluth, die Gesichter des Theaters am Wandlitzsee, blicken auf die zehnte Spielzeit ihres erfolgreichen Theaters. WPunkt fragt nach was hat sich verändert, was sind die Erfolgsfaktoren, im Gespräch mit Julia Horvath.

Wir sitzen im TaW Theater am Wandlitzsee in der stilvollen Sofaecke, blicken über die wunderschöne Terrasse, die gerade eine neue Bestuhlung erhalten hat, auf den See. Sehr ansprechend ist schon der Vorraum mit geschmackvoller Kombination aus Möbeln, Pflanzen und an den Wänden kann man die Bilder des Wandlitzer Künstler Uwe Handrick betrachten und die Bar läd auf ein Getränk in der Pause ein.
WPunkt: Frau Horvath, Sie blicken ganz entspannt in die Zukunft, was hat sich am Theater am Wandlitzsee denn in den vergangenen Jahren so geändert?
Julia Horvath: Einmal hat sich räumlich einiges verändert, wir sind gewachsen. Der Zuschauerraum bietet von anfänglich 70 Plätzen nun 130 Sitzplätze. Dafür mussten wir in mehreren Schritten Wände herausnehmen. Die letzten Reihen sind erhöht, sodass man eine gute Sicht auf die Bühne hat. Auch die Bühne selbst hat sich verändert, wir konnten von 5 auf jetzt 9 Meter Tiefe erweitern und haben dadurch mehr Möglichkeiten für unsere Bühnenbilder. Bühne kann ja gar nicht groß und vor allen Dingen hoch genug sein. Aber mit unseren Räumlichkeiten der NEB im Bahnhof Wandlitzsee sind wir natürlich auch begrenzt.
Ich habe gerade einmal unsere Spielpläne sortiert. Der erste ist für die Spielzeit September/Oktober 2016 mit großer Eröffnung am 24.9.2016! Aufgeführt wurde von Freitag bis Sonntag und zwar immer ein anderes Stück, das ist heute unvorstellbar. Wir führen die Stücke heute mehrmals hintereinander auf, zwischendurch auch mal einen musikalischen Abend oder Gastspiel.
Was über die Jahre konstant geblieben ist, das ist die TaW-Ballettschule. Der Unterricht findet an zwei Nachmittagen der Woche im Saal statt.

WPunkt: Die Berliner Kunst und Kulturszene leidet ja gerade unter den Berliner Sparzwängen, wie schaffen Sie das?
Julia Horvath: Wir haben von Beginn an auf öffentliche Fördermittel verzichtet, haben also vollständig aus eigener Kraft unsere Theatervorstellungen finanziert. Statt die Zeit mit dem Schreiben von Förderanträgen zu verbringen, fokussieren wir uns vollständig auf das Inszenieren der Stücke.
Wir lesen viel, um geeignete Bühnenstücke zu finden und wenn nötig zu adaptieren. Sascha ist da unermüdlich und zum Glück ein wahrer Schnellleser. Wenn wir beide so einen Funken spüren, dann kommt das Stück in unseren Themenspeicher. Manches schreiben wir selber, wie mein Marlene Dietrich Programm, das ich nach langer Recherche entwickelt habe. Das heißt aber auch, dass wir zwei überall anpacken, an jeder Phase des künstlerischen Prozesses beteiligt sind und naja, einfach für das Theater leben.
Man kann natürlich unglaublich viel initiieren, aber es ist wichtig, dass man sich nicht verzettelt. Seit 2016 hat sich unser Stil, unsere Marke entwickelt und gefestigt, unsere Entscheidungswege sind kurz, da mein Mann und ich die Leitung des TAWs haben.
Wir verfolgen konsequent unsere Linie und das sind vor allem unsere eigenproduzierten Komödien. Diese Stücke sind das, was unser Publikum am Liebsten sehen will, wofür sie sich begeistern: Stücke bei denen man auch mal herzhaft lachen oder schmunzeln kann und den Alltag und die verrückte Welt mal außen vorlassen kann.
Wir haben inzwischen 20 Mitarbeitenden, teilweise sind es freie, teilweise angestellte Mitarbeitenden. Alle sind gleich wichtig: ob es die Arbeit für die Grafik, Bühnentechnik, Kostüme oder die Reinigungskraft, der Ticketverkauf oder Tresenservice alle sind für ein Gelingen unseres Theaters total wichtig. Dazu kommen natürlich noch die Künstler:innen auf der Bühne, das sind in einer Spielzeit bestimmt noch einmal 20 Personen.
Über die Jahre haben wir auch im Herbst Schülerpraktika angeboten, sie können hier dann Regieassistenz machen, werden ins Ensemble eingebunden und alles drumherum.
Wichtig ist unser Publikum, wir haben treue, begeisterungsfähige Besucher:innen aus dem Einzugsbereich von Rostock über die Uckermark bis Frankfurt Oder und den Barnim natürlich. Wir sind auch Wirtschaftsfaktor für den Ort, zahlen Gewebesteuer, unsere Gäste buchen Hotels und ein Restaurantbesuch ist meist vor den Vorstellungen eingeplant.
WPunkt: Wie sieht denn die Bandbreite Ihrer Stück aus?
Julia Horvath: Selten haben wir Gastspiele, das meiste produzieren wir selber. Wir wollen unterhalten und können dafür auch immer hochwertige Künstler:innen gewinnen. Zum Beispiel arbeiten wir regelmäßig mit Künstlern zusammen wie Felix Tittel, der sieben Jahre am BE tätig war, oder Rita Feldmeier, die im neuen Film von Fathi Akin „Amrum“ mitspielt.
Wir haben musikalische Formate wie „ABBA Nackte Tatsachen und die großen Hits“ oder „Beatles on Board“. Zur Adventszeit 2025 steht die Premiere des Krimiklassikers „Arsen und Spitzenhäubchen“ an. Fünf Schauspieler schlüpfen in 13 Rollen. Für die Regie konnten wir Frieder Venus gewinnen. Dann haben wir noch unseren jährlichen Whiskeyabend: „Whiskey, Durst und andere dringende Dinge“, bei dem wir übrigens auch diverse Whiskeysorten anbieten.
Wir engagieren uns für den Nachwuchs in der Gemeinde über unsere TaW- Ballettschule, der Unterricht findet zweimal wöchentlich im Theatersaal statt. Es gibt einmal jährlich eine Ballett-Gala für einen guten Zweck, das letzte Mal waren es die „Herzensache e.V“ aus Schönwalde.
Man kann unsere Räume auch für Feierlichkeiten mit Kulturveranstaltungen anmieten.




WPunkt: Das hört sich an als seien Sie wunschlos glücklich oder fehlt doch noch etwas?
Julia Horvath: Unser größter Wunsch wäre ein verbesserter, barrierefreier Zugang. Es gab schon einmal Pläne für einen Außenfahrstuhl, eine Umsetzung erfolgte aber leider nicht. Das ist sehr schade, denn gerne würden zum Beispiel Bewohner:innen von gegenüber aus dem Altenheim zu uns kommen. Über die Stirnseiten des Bahnhofsgebäudes wäre ein Fahrstuhl möglich, das wurde wohl auch mit dem Denkmalschutz abgeklärt. Die NEB ist Besitzer des Hauses, wir können da nichts machen.
Schön wäre für uns ein Freundeskreis des Theaters, es ist viel möglich, aber wie oben schon erwähnt können wir uns nicht verzetteln.
Wir hatten lange Zeit Probleme mit Vandalismus, letztendlich haben wir seit eineinhalb Jahren während der Veranstaltungen einen privaten Sicherheitsdienst auf unsere Kosten engagiert, seitdem ist es sehr viel besser geworden, das haben uns auch die Anwohner mitgeteilt. Der Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes ist sehr engagiert, hat einen guten Draht und spricht mit den Jugendlichen, die gehen dann wo anders hin.
Ansonsten wünschen wir uns weiterhin ein so begeisterungsfähiges Publikum, wir haben 15.000 Zuschauer im Jahr, das kann sich sehen lassen. Wir unterhalten unser Publikum, man kann aber auch andocken und nachsinnen.
Bei uns kommen alle zusammen von Malermeister bis zum Professor, unser Wandlitzer Publikum ist besonders offen und begeisterungsfähig. Das wollen wir auch: inspirieren vom Bühnenbild bis zum Theaterstück und begeistern!