WPunkt im Interview mit Dana Lafuente, Kuratorin der Sonderausstellung „Faszination Pilze – geheimnisvolle Alleskönner“
Die Sonderausstellung Faszination Pilze - geheimnisvolle Alleskönner ist im Barnim Panorama bis 06.07.2025, Samstag bis Donnerstag immer von 10 bis 18 Uhr zu sehen.
Was waren die Herausforderungen für diesen gelungenen Auftakt zur Ausstellung?
Als ich am 16.11.2023 kurz vor Ausstellungsende die Schau in Kamenz besuchte und sofort in mir der Gedanke wuchs, so etwas in Wandlitz auf die Beine zu stellen, konnte ich nicht ahnen, dass wir das dann tatsächlich und auch noch in Rekordzeit und inklusive Personalwechsel an der Führungsspitze des Museums schaffen würden. Nachdem Frau Ziegenhagen als kommissarische Leitung des Barnim Panoramas die konzeptionellen und organisatorischen Fäden in der Hand hielt, lief alles wie am Schnürchen, die Sonderausstellung Faszination Pilze konnte im Juli starten. Zuvor hatte der Leiter des Naturparks Barnim, Dr. Peter Gärtner, die Idee sehr unterstützt und auch der neue Kulturamtsleiter, Dr. Jörg von Bilavsky.
Können Pilze uns unabhängig vom Plastik machen?
Auf jeden Fall unabhängiger. Pilze können auch Plaste zersetzen, aber sie brauchen viel zu lange dafür. Besser ist es, Plaste zu ersetzen durch alternative Verpackungsprodukte. Und da ist einiges in der Pipeline. Viele Firmen arbeiten bereits an Verpackungsmaterial aus Pilzmyzel, sogenannten Pilzkompositen, um Kunststoffe aus den Lieferketten zu entfernen wie z.B. Ecovative, grown.bio oder die Magical Mushroom Company. Hier werden Abfallprodukte aus der Landwirtschaft mit Pilzmyzel bestimmter Pilzarten zusammengebracht. Man kann damit jede beliebige Form wachsen lassen und freudige Abnehmer finden, wie DELL oder IKEA. Einen neuen interessanten Artikel dazu habe ich gerade gefunden: Forschung: Süßwasserpilze fressen effektiv Plastik – Golem.de
Giftpfanne oder Eingesponnenwerden durch das Myzel, woher kommen unsere Ängste?
Ich denke, dass die wenigsten Menschen an das Myzel denken, wenn sie von Pilzen hören. Man denkt unweigerlich an die Fruchtkörper und an den Herbst, wenn das Licht abnimmt, es kälter wird und an feuchte, dunkle, kühle Wälder, die möglicherweise Unbehagen auslösen oder zumindest einen morbiden Charme ausstrahlen. Plötzlich sprießen da diese Pilze aus dem Boden und sind zumeist auch genauso schnell wieder fort wie sie gekommen sind. Dann gibt es unter ihnen tödlich giftige Gestalten, da lässt man besser die Finger davon. Auch Menschen, die gern in den Wald auf Pilzpirsch gehen und selbst Spaziergängen im Regen etwas abgewinnen können, haben Respekt vor diesen vielseitigen Lebewesen, die nach Chlor, Hering oder sogar Camembert riechen können, ein Farbspektrum aufweisen, das von türkis bis violett reicht und unter denen es Arten gibt, die einen umbringen können
Was können wir lernen oder besser machen?
Ich denke, dass wir zunächst die Pilze als Organismen angemessen betrachten und sie nicht fortwährend vergessen. Flora und Fauna sind omnipräsent, in jeder Waldschule, jeder Naturparkausstellung sind Pflanzen und Tiere vertreten. Die Pilze kommen meistens zu kurz, falls man überhaupt auf sie eingeht, dabei sind sie überall mit ihren Sporen und ihrem Myzel, und unser Leben wäre ohne sie undenkbar. Wenn wir es schaffen, sie als biologisches Reich in der Lehre stärker zu berücksichtigen, öffnen sich unendlich viele Türen zur Erforschung ihres Potentials, ganz unabhängig von der Essbarkeit einiger Fruchtkörper. Außerdem kommen wir dem, was uns unmittelbar umgibt, wieder näher und lernen die Dinge schätzen, die die ganze Zeit da sind und die wir meist übersehen.
Marco Scafaro drehte ein kleines Video beim Durchgang durch den Pilztunnel,
Zu den Personen: Wie entwickelt man diese Leidenschaft für Pilze?
Jedem Tierchen sein Pläsierchen: so wie der eine sich für Meeresbiologie begeistert, der nächste für Amphibien oder Vögel, Briefmarken oder Oldtimer, so gibt es eben auch die Pilzenthusiasten. Unter ihnen gibt es u.a. die Gourmets, die sich besonders für die Essbarkeit, den Speisewert und die Vitalkraft der Pilze interessieren, die Ästheten, die einfach von der Formenvielfalt berauscht sind und beim Anblick der Lamellen eines Halsbandschwindlings sofort an ein Grundgerüst für die Produktion von Sonnen- oder Regenschirmen denken und diejenigen, die ihre Nase wie ein Trüffelhund ins Unterirdische stecken, um mehr über das Potential des Myzels zu erfahren oder die teuersten Pilze der Welt zu finden.
Wie viele Stunden verbringen Sie im Wald bzw. auf der Suche nach Pilzen?
Ich bin jeden Tag draußen, denn Pilzfruchtkörper gibt es vom 01.01. bis 31.12. und nicht nur im Wald, sondern auch in Parks, auf Sportplätzen, Friedhöfen oder im Garten. Es ist einfach wohltuend, in Stadt und auf dem Land naturnahe Gebiete mit allen Sinnen zu erleben und zu sehen, was wir da an Schätzen haben.
Der Jüngste im Team ist Linus Ohnesorge von der Hochschule für Nachhaltige Entwicklung Eberswalde.
Ja, Linus ist Student, Naturliebhaber und jüngster Pilzsachverständiger in Brandenburg. Pilze sind seit seiner Jugend ein sehr wichtiger Bestandteil seines Lebens, und auch er ist so oft wie möglich in seiner Freizeit im Wald. Besonders gut kennt er sich mit unseren leckersten Speisepilzen und ihren potentiell giftigen Doppelgängern aus und wie und wo man diese am sichersten finden kann. Dabei gibt es viele Tipps und Tricks, die der Wald ihn lehrte und die er gerne an andere Pilzfreunde weitergibt. Weil Brandenburg so schön ist und es an der Hochschule für Nachhaltige Entwicklung verschiedene Studiengänge gibt, die letztendlich mit Holz und dadurch auch immer mit Pilzen zu tun haben, hat er sich entschieden, hier zu bleiben und seine Forschungen im Naturpark Barnim fortzusetzen. Für das riesige Wandbild hat er mehrere Kommilitonen und die Familie eingebunden, alle haben mitgeholfen, auch die Kollegen vom Barnim Panorama.
Das gesamte Team kam nicht nur durch die Pilz-Outfits gut an, sondern insgesamt total stimmig rüber, was war das Geheimnis dieser offenbar tollen Zusammenarbeit?
Das Team des Barnim Panoramas hat unter der klugen Führung von Julika Ziegenhagen Hand in Hand miteinander und mit den externen Künstlern zusammengearbeitet, überlegt, wie man die Ideen umsetzen kann. Zunächst war die Grundausstattung, die Meilensteinplanung und die Vitrinen- und Textplanung wichtig. Nachdem die Planung stand, konnte jeder beisteuern, jeder wurde ernst genommen und wir konnten uns in der Zusammenarbeit aufeinander verlassen. Obwohl es sportlich war, war immer die Freude dabei und das Vertrauen, dass man Gestaltungsspielräume schafft und gemeinsam ausfüllt, indem man auf die Stärken einzelner setzt und diese zusammenbringt. Das hat großen Spaß gemacht. Ich glaube, man spürt die Liebe zu den Dingen, die im Barnim Panorama präsentiert werden und wir hoffen, dass wir ganz viele Gäste für das Reich der Pilze, insbesondere im Naturpark Barnim, begeistern können.