Wandlitzer Künstler:innen und Kunstschaffende: Frank Ludwig

Von der Sattlerei zur Porzellanmanufaktur: ein Vier–Seiten–Hof in Schönerlinde! Es ist heiß im Barnim und in der Porzellanmanufaktur: „Ich muss erst noch den Schlicker aus der Gießform gießen und abdecken, damit nichts Zug bekommt“, so Frank Ludwig. Dann hat er Zeit. Wir sitzen im Schatten, ein kühles Glas Wasser auf dem Tisch, Radler kommen auf den Hof, stöbern im Atelierverkauf, kaufen 2 Schalen, die Hunde bellen wichtigtuerisch. – Ich halte einige Eindrücke des intensiven Gesprächs mit Frank fest:

Der Vier-Seiten-Hof am Anger in Schönerlinde

Er wurde seit den 30er Jahren als „Sattlerei Karl Retkowski“ betrieben. Auf dem Foto präsentiert sich der Sattlermeister stolz neben seinem Wartburg auf dem Hof, hinten die Scheune, der hohe Heuwagen konnte ganz hinein, das Heu abladen und wieder hinaus fahren.

 

„Den Seitenteil, wo es Schweine und Rindvieher gab, habe ich in Werkstatt und den Verkaufsraum umgebaut“, so Frank Ludwig. Über den Sattlermeister erzählt man sich, dass er sehr sparsam soll er gewesen sein soll. Das zugehörige Land habe zur Selbstversorgung gedient. Frank Ludwig: „Sicher war das viel, viel Arbeit. Etliche Mietparteien gab es über die Jahre, sowohl in der Remise als auch im Haupthaus.“

 

„Zufall, Glück und die Erkenntnis: ‚Ja, das ist, wie wir leben wollen‘, führte uns her!“

 

„Meine Werkstatt, früher auf einem Hinterhof in der Rykestrasse, Prenzlauer Berg, dann die Pankstrasse in Pankow-Buchholz in der alten Lederfabrik, wurde zu klein, dann bekam ich einen Auftrag von Mona Hatoum für „Witness“ und ich konnte dafür kurzfristig die Dorfstr. 1 in Schönerlinde anmieten. Eigentlich suchten wir den Ort fürs Arbeiten und Leben, schauten bis hoch an die Ostsee, fündig wurden wir gleich hier, fast nebenan stand die ehemalige Sattlerei zum Verkauf. Schon länger war das Anwesen ungenutzt und wir hatten Glück, wurden uns einig mit dem Verkäufer, einem Neffen der verstorbenen Eheleute Retkowski. Seit 2014 wohne und arbeite ich jetzt in Schönerlinde, interessiere mich für die Menschen, die jetzt hier leben, aber auch für die Geschichte der Häuser. Für das, was früher hier war. In einer Dorfbegehung mit Herrn Steiner erfuhren wir vieles über den Ort aus den vergangenen Jahren. Das war außerordentlich spannend und toll, mich interessieren diese Geschichten rund um das Dorfleben. Ich bin hier angekommen, in Schönerlinde.“

 

Nachfolger wurde Sattler Günther Iselt, er übernahm das Unternehmen und blieb in Schönerlinde, bis Sohn Thomas den Firmensitz 2012 nach Klosterfelder verlegte.

„Formgebung, Dinge in Porzellan gestalten, schöne Dinge mit hoher Funktionalität fertigen, das ist mein Ding.“

„Ich bin Formgestalter, ‚ach, een Studierter‘, wie eine alte Keramiker- Kollegin mal sagte. Nun ja, meine Stationen waren Ausbildung als Zootechniker, Armeezeit, Kutscher, Restaurator für historische Fahrzeuge und nach der bestandenen Eignungsprüfung an der Kunsthochschule Weißensee dann Vorpraktika im Steingutwerk Elsterwerda, in der Staatlichen in Meißen und Kahla– Porzellan. Nach dem Studium an der Kunsthochschule freier Designer bis heute. Einer der letzten Auftraggeber war u.a. Dr. Oettker.

Das Arbeiten als Designer ist für mich immer auch das Auseinandersetzen mit Material: ob Glas, Porzellan, Plastik oder Stahl. Das Ausloten, inwieweit Gestaltung, Technologie der Fertigung und das jeweilige Material vereinbar sind. Ich glaube mein schärfster Kritiker zu sein und überprüfe jeden meiner Entwürfe auf hohe Gestaltungsqualität und Funktionalität. Die Teekanne darf nicht nur schön aussehen, sie darf auch nicht tropfen. Ich stelle meine Entwürfe auch gern zur Diskussion, doch am Ende entscheide ich, welcher Entwurf wirklich veröffentlicht wird. Welcher ‚Topf‘ aus Porzellan im Atelierverkauf stehen darf. Ein Entwurf, mit allem was dazugehört, dauert

auch mal ein Jahr. Und erst wenn alles passt, wenn die Form steht, wenn das feine, weiße Porzellangefäß vor meinen Augen Bestand hat, kommt vielleicht ein handgemaltes Dekor in Frage. So ist es auch bei der im Mai 2019 vorgestellten Vasen-Serie „Wasser“, bestehend aus 6 Grundformen mit 5 Dekorvarianten. Einfache, auf das Wesentliche reduzierte Formen. Die Vasen heißen u.a. Langer Trödel, Finow, Schwärze, benannt nach Flüssen und Seen im Barnim.“

„Warum das einfach schön ist? Weil diese einfachen, klaren Formen in Kleinserie hergestellt werden und mittels aufwändiger Dekore veredelt und somit zum Einzelstück werden. Weil es ein gutes Gefühl ist zu wissen, dass jemand handwerklich arbeitet, mit Kreativität und Händen Neues schafft: Ich fertige Gefäße aus Porzellan. In Handarbeit. Für Menschen, die Ihre Umgebung aktiv wahrnehmen und bewusst genießen.“

Frank Ludwig, Formgestalter, www.pmfl.de

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