Ein weiterer Schritt zu sauberem Wasser: Ozonung

Hier wird etwas bewegt! Berge türmen sich auf dem Klärwerksgelände in Schönerlinde, allein 72.000 m³ Aushub sind für den Bau der deutschlandweit größten Anlage zur Spurenstoffentfernung bereits bewegt worden. Nach vielen Jahren Entwicklungsarbeit, auch in Verbindung mit Berliner Forschungseinrichtungen und Vor-Ort-Tests im kleinen Maßstab, folgt jetzt die großtechnische Umsetzung. W. im Gespräch mit der Leiterin des Klärwerks, Barbara Hütter, Berliner Wasserbetriebe.

Ist das Klärwerk Schönerlinde nun gut gerüstet für die Zukunft?

Barbara Hütter: Ich würde sagen, wir bereiten uns gerade intensiv auf die Zukunft vor. Durch die demografische Entwicklung und unsere sehr gute medizinische Versorgung wird die Konzentration von Arzneimittelresten und deren Abbauprodukten im Abwasser ansteigen. Außerdem wird sparsamer mit Wasser umgegangen, das Abwasser wird also auch bei weiterem Zuzug eher „dicker“ werden. Zudem führt der Klimawandel zu immer spärlicheren Niederschlägen, manchmal aber auch zu Starkregen. Auf diese Trends reagieren wir mit unseren zahlreichen Baustellen im Werk.
Und hier hat sich schon viel getan. Wir haben einen größeren Ableiter unter der Autobahn verlegt und der 40.000m³ fassende Mischwasserspeicher steht kurz vor der Fertigstellung. Die Arbeiten zur Minderung der Geruchsbelästigung werden voraussichtlich bis Jahresende beendet und nun startet die Umsetzung der sogenannten 4. Reinigungsstufe.

Als aus der Vorplanung hervorgegangene wirtschaftlichste Lösung stellen wir Ozon direkt vor Ort aus flüssigem Sauerstoff her. Es wird in geschlossenen Reaktionsbecken in das Abwasser eingebracht, das bereits über drei Stufen mechanisch und biologisch gereinigt wurde. Während einer kurzen Kontaktzeit von rund 20 Minuten werden die verbliebenen großen und schwer abbaubaren Moleküle durch das Ozon aufgespalten, d. h. in kleinere, nun abbaubare Moleküle zerlegt. Zu diesen schwer auf rein biologischem Weg entfernbaren Spurenstoffen gehören manche Arzneimittel, aber auch Inhaltsstoffe aus einigen Reinigungsmitteln, Süßstoffe etc. Um die nun aufgeschlossenen Moleküle zu entfernen, wird eine spezielle Filtration nachgeschaltet. Diese wird teils durch die klassische Kiesfiltration und teils durch den Einsatz von biologisch aktiver Kohle erfolgen. Hier werden wir wieder Praxiserfahrungen sammeln, und das bessere Verfahren wird sich durchsetzen. Neben der Spurenstoffeliminierung zerstört das Ozon außerdem Keime. Zum Schluss gelangt das nun qualitativ hochwertige Wasser über den Nordgraben in den Tegeler See. Nach Uferfiltration im Einzugsbereich der Brunnen steht es für die Trinkwasserversorgung zur Verfügung. Bis zu 7.000m³ Wasser am Tag leiten wir auf die ehemaligen Rieselfeldflächen nach Hobrechtsfelde, wo es in den Landschaftswasserhaushalt zurückgeführt wird.

Entstehen bei der Behandlung Reste, die entsorgt werden müssen, und wieviel Energie wird für diese Behandlung benötigt?

Wir entfernen ja mit unserer etablierten Technik Kohlenstoffverbindungen, Phosphor und Stickstoff bis zu 98 %. Nun komplettiert die neue Stufe die Elimination der hochkomplexen Spurenstoffe durch die Behandlung mit Ozon. Für dessen Herstellung werden Ozongeneratoren benötigt, und da Ozon ein Schadgas ist, muss sichergestellt werden, dass keine Reste in der Abluft verbleiben. Klar, das alles kostet natürlich Energie. Für die Ozonung müssen wir mit einer Erhöhung unseres Stromverbrauchs um rund 25 % rechnen.

Das Wasser strömt in freiem Gefälle durch die gesamte Anlage, muss also nicht gepumpt werden. Bilanziell erzeugen wir über unsere drei Windräder und die Nutzung von Klärgas ca.80 % unseres Energiebedarfs selber. Den Eigenstromanteil werden wir ausbauen können, sobald der Klärschlamm nicht mehr getrocknet werden muss, sondern zur neuen Klärschlammverwertungsanlage in Waßmannsdorf gebracht wird. Dann steht auch das für die Trocknung nicht mehr benötigte Klärgas zur Stromerzeugung in Blockheizkraftwerken zur Verfügung, wir arbeiten also weiter an der Energieautarkie.

Ist so hochwertiges Wasser nicht zu schade und zu teuer, um es einfach nur abzuleiten?

Wir haben hier einen regional fast geschlossenen Kreislauf. Ich bin daher froh, ein so hochwertiges Wasser zu liefern, das ja über die Uferfiltration letztlich wieder zur Trinkwassergewinnung beiträgt. Wir haben drei recht trockene Jahre hinter uns. Der Wasserspiegel des Gorinsees bzw. die Grundwasserstände insgesamt sind abgesunken. Ich würde mir daher auch mehr konzeptionelle, länderübergreifende Überlegungen wünschen, um diese Probleme zu lösen. Ein guter Anfang ist der Masterplan Wasser. Ich wünsche mir aber gleichzeitig mehr Kenntnisse der Bevölkerung zum Umgang mit und dem Verbleib von Wasser.

Wir sind mit der Ozonung zukunftssicher und können dann auch Kapazitätserhöhungen handhaben. Zudem kann bei Starkregen eine hohe Ablaufqualität aufrechterhalten werden, da das Misch(ab)wasser im neuen Speicher zurückgehalten und nach Regenende der Abwasserreinigung zugeführt wird.
Die Herausforderungen bleiben allerdings immens, der Investitionsaufwand beträgt allein für die Ozonung 48 Mio. Euro. Für die Ergänzung der Flockungsfiltration kommen nochmals 99 Mio. Euro hinzu. Auf die Abwassergebühr wird dieser Ausbau aktuell keine Auswirkung haben, denn die Planungen der Berliner Wasserbetriebe sind langfristig in den Gebühren einkalkuliert. Bei Ausrüstung aller Klärwerke mit einer 4. Reinigungsstufe werden Gebührenanpassungen aber notwendig sein. Unsere Herausforderungen sind IMMENZ, in vier Schlagworten lauten sie: Immissionsschutz, Medikamentenrückstände, Energieautarkie, Zukunftsorientierung.

www.bwb.de/de/klaerwerk-schoenerlinde

Bildnachweis: BWB

Klärwerk Schönerlinde, vorne der Mischwasserbehälter mit einem Volumen von 40.000 m³, um Starkregenereignisse zu vergleichmäßigen. Er ist inzwischen fertig gestellt. Die Windkraftanlagen und die Biogasnutzung tragen dazu bei, dass bilanziell rd.  80% der Energie erneuerbar erzeugt werden.




Verfasser:in:
PM Umland Verlag, www.umland-verlag.de/

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