Grundwasser, ein hohes Gut!

Als wir vor 27 Jahren in Wandlitz bauten, gab es noch keinen Kanalanschluss und wir wollten eine Pflanzenkläranlage betreiben. Warum ich heute froh bin, dass unser Abwasser im Zweckverband bzw. im Klärwerk Schönerlinde gereinigt wird und unser Abwassertank für das Regenwasser genutzt wird?

Anschlusszwang

Anfangs haben wir uns geärgert, dass man uns nicht vom Anschlusszwang befreien wollte. Dann sehnten wir uns nach dem Kanalanschluss, denn die mobile Abwasserabfuhr hatte so ihre Tücken, die geruchsmäßig auch mal wahrnehmbar waren, und vor allem teuer war.

Mein heutiger Besuch auf der Baustelle im Klärwerk Schönerlinde macht überdeutlich, dass keine kleine Anlage diese hohen Reinigungsleistungen erbringen kann, und unsere Pflanzenkläranlage hätte das auch nicht erbracht. Das lassen wir lieber die Expert: innen machen. Mittlerweile geht es nämlich um die Eliminierung von Spurenstoffen, die wir persönlich durch unsere sehr gute medizinische Versorgung, durch ambulante Therapien oder durch unseren täglichen Konsum unbewusst ins Abwasser leiten. Dazu sind wir es gewohnt, stets qualitativ hochwertiges Trinkwasser in ausreichender Menge zur Verfügung zu haben. Uns geht’s gut, kann das so bleiben oder müssen wir unser Nutzungsverhalten anpassen? Erste Einschränkungen, wie das zeitliche Bewässerungsverbot oder der Ärger mit Ablagerungen im TW-Netz, lassen uns wachsam werden. Hier nun der Versuch einer Bilanzierung und ein Ausblick.

Woher kommt unser Wasser und wohin geht es?

Der direkte Wassergebrauch liegt bei rd. 110 Liter je Einwohner und Tag, außerdem kommt noch der Wasserverbrauch für die Produktion von Fleisch, Obst, Kleidung oder die Durchführung von Dienstleistungen dazu, das sind 4.000 Liter, auch als sogenanntes virtuelles Wasser bezeichnet, da es in anderen Ländern verbraucht wird. Es geht auch sparsamer beim direkten Verbrauch: in Leipzig z.B. von 84 leicht angestiegen auf 92 L/Ed.

Das Trinkwasser in unserer Gemeinde kommt für Schönwalde incl. Siedlung Gorinsee und Schönerlinde aus dem Wasserwerk Stolpe, dem übrigens größten Wasserwerk in Brandenburg, das von den Berliner Wasserbetrieben BWB betrieben wird. Rund 17% bzw. jährlich 3,7 Mio. m3 des in Stolpe geförderten Trinkwassers werden in das Netz des Wasserverbandes Nord, also nach Brandenburg eingespeist. Das geförderte Wasser hat einen Anteil von bis zu 60% Uferfiltrat und hat trotzdem eine hohe Qualität, da kaum Einleitungen gereinigten Abwassers entlang der oberen Havel erfolgen. Die anderen sieben Ortsteile werden durch den NWA versorgt, das Trinkwasser stammt ausschließlich aus Grundwasservorkommen.

Abwasserreinigungspflichtig sind die Kommunen, die allerdings diese Pflicht an andere abgeben, wie den Abwasserzweckverband NWA oder die Berliner Wasserbetriebe BWB als Dienstleister. So wird ein Teil unseres Abwassers im KW Schönerlinde gereinigt, 2021 aus Brandenburg 5 Mio m3. Das KW Schönerlinde fördert auf Grundlage eines Vertrages mit den Berliner Forsten max. 10.000 m3 pro Tag für den Landschaftsraum Hobrechtsfelde. Das macht bis zu 10% des gesamten gereinigten Wassers dort aus, der Rest geht über das neue Einlaufbauwerk unter der A10 durch und landet zum Teil nach der Oberflächenwasserbehandlungsanlage im Tegeler See, der selbst auch wieder zur Trinkwassergewinnung genutzt wird, oder in der Panke.

Bildnachweis: pixabay

Sogenannte „light“ oder „zero“ Produkte enthalten oft Süßstoff, der süss schmeckt, aber schwer abbaubar ist. Leider können auch die Bakterien im Klärwerk diesen Stoff nicht abbauen. Ohne 4te Reinigungsstufe im Klärwerk gelangt er über das gereinigte Abwasser in die Flüsse und kann letztlich auch ins Grundwasser gelangen. Was wir tun können? Zucker in Maßen genießen!

Kann das gereinigte Abwasser nicht zur Bewässerung genutzt werden, insbesondere nach Fertigstellung der sog. „4ten Reinigungsstufe“, nach Ozonung und Flockenfiltration?

Wir dürfen froh sein, wenn unser Grundwasser, solange es geht, vor anthropogenen Verunreinigungen geschützt wird, den sog. Spurenstoffen, wie Arzneimitteln und Hormonen, Süßstoffen, Lacken oder dem Voltaren-Bestandteil Diclofenac oder deren Abbauprodukten. Der Schutz dieser wichtigen Ressource Grundwasser steht also meist dem Wiederverwertungsaspekt entgegen. In Hobrechtsfelde wurden beispielsweise umfangreiche Abdichtungen mit Lehm durchgeführt, um eine Versickerung bis ins Grundwasser zu vermeiden.

Ja, es bleibt schwer vermittelbar, wenn wir diese gesetzlichen Auflagen vergleichen mit der Gülleverbringung auf die Felder, die unter die Bestimmungen zur Ausbringung von Wirtschaftsdüngern fällt. Will man in Zukunft gegen die „Versteppung in Brandenburg“ aktiv vorgehen, die durch den Klimawandel ja noch verstärkt wird, muss der Grundwasserschutz abgewogen werden gegenüber der Wasserwiederverwertung. Einige EU-Mitgliedstaaten wie Spanien, Italien, Griechenland, Zypern, Frankreich und Portugal nutzen aufbereitetes Abwasser bereits zur Bewässerung in der Landwirtschaft.

Was wir tun können?

Arzneimittel bedarfsgerecht einsetzen, insbesondere Antibiotika, Schmerzmittel und Antidepressiva. Süßstoff weglassen oder einfach durch sparsamen Genuss von Zucker ersetzen. Wasserverschwendung vermeiden und Regenwassernutzung forcieren! Das Regenwasser macht an Regentagen immer noch bis zu 40% des Trockenwetterzulaufs im Klärwerk aus, wird unnötigerweise durchs Klärwerk geleitet, verursacht Kosten und geht dem Wasserkreislauf vor Ort verloren. Regenwasserspeicherung kann Abhilfe schaffen und kann direkt zum Gießen oder als Toilettenspülung in Haus und Garten verwendet werden.

Der Anfang ist auch länderübergreifend gemacht: Zur Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie hatten die Länder Berlin und Brandenburg ein gemeinsames Nährstoffkonzept für das Flusseinzugsgebiet der Elbe (u. a. Spree und Havel) erarbeitet. Im Zuge des Masterplans Wasser des Landes Berlin stehen beide Länder kurz vor Veröffentlichung der Strategie zum Umgang mit anthropogenen Spurenstoffen aus Kläranlagen. In Schönerlinde erfolgt die Umsetzung mit Ozonung und Flockungsfiltration.

Quellen:
www.berlin.de/sen/uvk/umwelt/wasser-und-geologie/masterplan-wasser/
www.lfu.brandenburg.de/lfu/de/aufgaben/wasser/




Verfasser:in:
Eva-Maria Dombrowski mit freundlicher Unterstützung der Herren Keller und Schimmelpfennig, BWB Berliner Wasserbetriebe

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