Die Abwasserentsorgung im Gemeindegebiet

Bei der Beseitigung des anfallenden Abwasser in der Gemeinde Wandlitz geht nur ein Teil in das Klärwerk Liebenwalde, das der TAV, Trink- und Abwasserzweckverband Liebenwalde, betreibt. Nur das Abwasser aus den nördlichen Gemeindeortsteilen, während für die südlichen Ortsteile (Wandlitz, Basdorf, Schönwalde und Schönerlinde) das Abwasser zum Klärwerk Schönerlinde geleitet wird, das die BWB, Berliner Wasserbetriebe, betreiben. Meine Nachfragen zur Abwasserentsorgung der Gemeinde Wandlitz wurden freundlicherweise beantwortet durch Jana Krone, Pressesprecherin, sowie Matthias Kunde, Geschäftsführer, NWA Niederbarnimer Wasser- und Abwasserverband.

Wieviel Abwasser wird im Jahr an die BWB abgegeben bzw. wie viele Einwohner sind an das Klärwerk Schönerlinde angeschlossen?

Zwischen 700.000 und 750.000 m³ Schmutzwasser produzieren die insgesamt 15.306 Einwohnende der Ortsteile Wandlitz, Basdorf und Schönwalde im Jahr. Diese Menge wird jährlich in die Kläranlage Schönerlinde der BWB geleitet (dazu kommt noch das Abwasser der 1110 Einwohnende aus Schönerlinde, die direkt durch die BWB, Berliner Wsserbetriebe, angeschlossen sind). Die Zahl variiert entsprechend der eingeleiteten Regenwassermenge.

Wohin geht das geklärte Abwasser aus dem Klärwerk Liebenwalde?

Das geklärte Abwasser der Kläranlage Liebenwalde wird in den Malzer Kanal eingeleitet und gelangt von dort in die Havel. Liebenwalde gehört seit der Sanierung 2020 und 2021 mit Investitionen in Höhe von zwei Millionen Euro zu den Top Ten-Kläranlagen Deutschlands. Im Belebungsbecken wurden die Rohre durch Plattenmembrane ersetzt. So entstand eine größere Oberfläche, durch die mehr Sauerstoff ins Becken geblasen wird. Dadurch wird das Abwasser gleichmäßiger belüftet. Energieersparnis zur alten Technik: 35 bis 40 Prozent!

Kläranlagen sind oft die größten Stromkonsumenten der Region. In Liebenwalde wurden auf einer Fläche von 550 Quadratmetern 334 Photovoltaik-Module aufgestellt. Die Anlage produziert rund 110.000 kWh im Jahr, ein Drittel des Strombedarfs der Kläranlage. Einsparung von CO2-Emissionen: mehr als 60.000 kg pro Jahr. Nach der Reinigung des Abwassers bleibt in den Kläranlagen Schlamm zurück, beim TAV (Trink- und Abwasserzweckverband Liebenwalde) sind das 28.570 m³ pro Jahr. Bisher wurde dieser Schlamm in der Landwirtschaft genutzt. Etwa 250 LKW-Ladungen pro Jahr waren dazu nötig. Nun wurde eine 23.400 Quadratmeter große „Vererdungsanlage“ gebaut. In vier großen Beeten sickert ein großer Teil des Wassers durch eine Drainage in Rohre, die es zur Kläranlage zurückleiten. Den anderen Teil nehmen Schilfpflanzen auf. Mikroorganismen mineralisieren das Substrat. So verringert sich die Schlammmenge um mehr als 90 Prozent. Zurück bleibt Klärschlammerde, die nach ungefähr acht bis zehn Jahren geräumt werden muss. Die Böden der Becken sind mit einer nagetierfesten Spezialfolie ausgelegt, die das Grundwasser schützen. Ein Naturparadies, in dem sich viele Insekten, aber auch Vogelarten wohlfühlen. Es wurde eine Energieersparnis von mehr als 90 Prozent erreicht!

 

Der Energiebedarf pro Einwohner insgesamt ist von 42 Kilowattstunde pro Jahr vor der Sanierung auf 18 gesunken! Das sind 42 Prozent!

Klärwerk Liebenwalde mit neuer Vererdungsanlage, Bildnachweis TAV, Trink- und Abwasserzweckverband Liebenwalde

Gibt es hinsichtlich des Schmutzwassers Kapazitätsbeschränkungen bzw. ist der Anteil, der ins KW Schönerlinde geht variabel?

Einerseits nein, die Kapazitäten der Kläranlagen Liebenwalde als auch Kläranlage Schönerlinde sind so groß, dass sie auch wachsende Mengen häuslichen Schmutzwassers aus dem Verbandsgebiet des NWA aufnehmen können. Andererseits ja, an Regentagen ist das Druckleitungsnetz hydraulisch überlastet. Dadurch kommt es zu Rückstauerscheinungen und teilweise Überflutungen von Grundstücken.

Die Zulaufmengen nach Schönerlinde sind vertraglich auf 50 Liter pro Sekunde (180 m³ pro Stunde) limitiert. Bei Überschreitungen dieser Menge (z.B. durch zufließendes Regenwasser) werden erhebliche Strafzahlungen fällig.

Ist eine Nutzung des geklärten Schmutzwassers denkbar bzw. welche Reinigungsstufen sind für eine Nutzung zu ergänzen?

Es gibt immer wieder Ideen und auch Forschungsprojekte, geklärtes Abwasser in der Region zu belassen, um damit den Wasserhaushalt zu verbessern. Dabei wird oft nicht beachtet, dass das Kanalisationsnetz historisch gewachsen ist. Als die Kläranlage Schönerlinde Mitte der 80er Jahre gebaut wurde, wurden bereits erste Straßenzüge der Ortsteile Schönwalde an diese Anlage angeschlossen. Heute sind alle Haushalte von Wandlitz, Basdorf und Schönwalde an die zentrale Kanalisation angeschlossen.

Das gereinigte Schmutzwasser aus dem Klärwerk Schönerlinde wird in den Tegeler See geleitet (Anmerkung der Redaktion: auch das gereinigte Wasser aus dem Klärwerk Liebenwalde gelangt über die Havel in den Tegeler See). Von dort sickert es stark verdünnt durch verschiedene Ufer-Bodenschichten bis zu den 160 Brunnen des Wasserwerks Tegel, das eine Million Berliner mit Trinkwasser versorgt. Ein sensibler Kreislauf. Ohne die Einleitung des gereinigten Schmutzwassers würde der Tegeler See versanden. Ein Umbau dieses bewährten Entsorgungssystems würde Millionen Euros kosten. Im Konzeptentwurf zum Zukunftsworkshop des NWA gab es hinsichtlich der weiteren Erschließung kleinerer, weit abseits gelegener Siedlungen den Vorschlag zu prüfen, ob die Installation kleiner Kläranlagen und Gruppenkläranlagen sinnvoll ist. Voraussetzung dafür ist eine Vorflut: ein See oder ein Fließgewässer, das ganzjährig Wasser führt, oder ein geeigneter Untergrund.

 

Gibt es Ansätze zur Nutzung von Regenwasser?

Es lohnt sich, einmal über einen alternativen Denkansatz nachzudenken. In 2021 fielen beim NWA 953.961 m³ Schmutzwasser an. Gleichzeitig fallen auf den knapp 250 Quadratkilometern Fläche des Verbandsgebietsmehr als 1.240.000.000 m³ Regen! Wertvoller Niederschlag, der leider zum Teil in der Kanalisation landet, da das örtliche Niederschlagsmanagement nicht auf die Aufnahme von Starkregen ausreichend vorbereitet ist. Das ist aber gemäß Paragraph 66 Brandenburgisches Wassergesetz (BbgWG) grundsätzlich eine kommunale Pflichtaufgabe.

Die Kläranlage Schönerlinde musste 2019 ein zehn Meter tiefes, 40.000 Kubikmeter fassendes Auffangbecken bauen, um an Starkregentagen das mit reichlich Regen verdünnte Schmutzwasser zwischenparken zu können. Wäre es also nicht sinnvoll, in das Niederschlagsmanagement der Gemeinden zu investieren? Also noch mehr Mulden, Rigolen und Regenwasserrückhaltebecken bauen, um das Regenwasser in der Region zu behalten?

Der NWA ist bereit, die planerischen Vorbereitungen für die Verbesserung der Versickerungsfähigkeit des Untergrundes und die Schaffung von Puffermöglichkeiten im gesamten Einzugsgebiet nach Kräften zu unterstützen. Die momentane Praxis der Einleitung eines Teils des Regenwassers in die beiden Großkläranlagen ist sowohl ökologisch als auch ökonomisch unsinnig! Es kostet viel Energie für die Klärung, und es ist für den überlebenswichtigen regionalen Wasser – oder besser Klimakreislauf verloren.



Externe Links zum Artikel:
https://www.nationalgeographic.de/umwelt/2023/08/berlin-trinkwasser-grundwasser-ostsee-spree
https://www.rbb24.de/panorama/beitrag/2023/04/mehr-starkregen-berlin-brandenburg-duerre.html
https://nwa-zehlendorf.de/nwa-direkt/#technische-daten

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