Streit um Bauvorhaben in der Gemeinde Wandlitz:

Ein Versuch, etwas Klarheit in komplexe Sachverhalte von Bebauungsplänen und deren Hintergründe zu bringen. Zwischen Verhinderungsplanung, Gefälligkeitsplanung und Rechtssicherheit: im Brennpunkt stehen Bauvorhaben in Klosterfelde und im alten Dorfkern Wandlitz.

Gut zu wissen: Grundlagen der Bebauungspläne

Man erwirbt ein Grundstück und will darauf bauen.

Entweder stellt man erst nur eine Bauvoranfrage mit den wichtigen Eckpunkten des Bauvorhabens oder direkt einen Bauantrag beim jeweiligen Bauordnungs- und Planungsamt. Für die Gemeinde Wandlitz ist das die untere Bauaufsichtsbehörde des Landkreises Barnim in Eberswalde. Sie prüft die Bebaubarkeit des Grundstücks.

 

Im Außenbereich darf nur gebaut werden, wenn keine öffentlichen Belange entgegenstehen und die Erschließung gesichert ist. Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans B-Plans, muss man sich an die Eckpunkte des Planes wie Geschossflächenzahl, Grundflächenzahl und Geschossigkeit halten. Ist kein B-Plan vorhanden und das Grundstück liegt im Innenbereich wird nach §34 BauGB vorgegangen, also entsprechend der üblichen Bauweise der näheren Umgebung.

 

Entspricht die Bauvoranfrage bzw. der Bauantrag zweifelsfrei den geltenden Bestimmungen vor Ort, wird durch die untere Bauaufsichtsbehörde eine positive Entscheidung erlassen.

 

Zu jedem Antrag muss die Gemeinde von der unteren Bauaufsichtsbehörde nach ihrem gemeindlichen Einvernehmen gefragt werden. Bei Vorhaben von städtebaulicher Relevanz und Bedeutung muss der Hauptausschuss der Gemeindevertretung um seine Zustimmung gefragt werden. Die Gemeinde kann das gemeindliche Einvernehmen versagen, muss dies aber begründen.

 

Sollte die Bauaufsichtsbehörde erkennen, dass die Gemeinde unrechtmäßig das Einvernehmen versagt hat, kann sie dieses ersetzen. Bauen darf man nur mit einem genehmigtem Bauantrag, einer Baugenehmigung.

 

Möglichkeiten und Grenzen von Bebauungsplänen

 

Eine Gemeinde kann durch Aufstellen von B-Plänen vorausschauend kommunal planen und das Erscheinungsbild bestimmter Bereiche für die Zukunft steuern. Die Erstellung von Bebauungsplänen ist Zeit- und Kostenintensiv. Daher gibt es oft keine flächendeckenden Bebauungspläne.

 

Um vorausschauend, zu gestalten, braucht man aber mehr als nur die unmittelbare Betroffenheit. Es braucht z.B. ein Leitbild oder eine integriertes Entwicklungskonzept. Aber auch Grundsätze wie z.B. „kurze Beine – kurze Wege“ für Kita- und Schulplanungen sind sinnvolle Planungsansätze oder es braucht eine städtebauliche Idee unter Berücksichtigung von ÖPNV, Individualverkehr, Energieversorgung sowie Nachhaltigkeit als Basis aller Entscheidungen.

 

Wenn die Gemeinde sich entschließt einen Bebauungsplan aufzustellen kann sie für die Zeit, in der der Plan aufgestellt wird eine Veränderungssperre erlassen (§ 14 BauGB). Damit kann sie die Errichtung von baulichen Anlagen verhindern, die den Vorgaben des künftigen Bebauungsplans entgegenstehen würden.

 

Man spricht aber von „Verhinderungsplanung“, wenn ein B-Plan nur deshalb aufgestellt wird, um ein bestimmtes Bauvorhaben zu verhindern. Das ist dann unzulässig, wenn es nicht dem planerischen Willen der Gemeinde entspricht, sondern nur vorgeschoben ist, um eine andere Nutzung zu verhindern (vgl. BVerwG v.18.12.1990, NVwZ 1991, 875; v. 23.6.1992, NVwZ–RR 1993, 456).

 

Eine „Gefälligkeitsplanung“ bei Bebauungsplänen ist ebenso unzulässig, d.h. wenn die städtebauliche Planung nicht auf städtebaulichen Interessen, sondern primär auf den privaten Wünschen Einzelner oder bestimmter Gruppen beruht.

 

Es besteht also ein Gebot zur fairen Abwägung, das in § 1 Abs. 3 und § 1 Abs. 5 BauGB verankert ist und eine städtebauliche Rechtfertigung für die Bebauungsplanung verlangt.

 

Wenn die Gemeindevertretung GV die Aufstellung eines B-Plans beschließt, wird dieser im Amtsblatt veröffentlicht und ist mit dem Datum der Veröffentlichung gültig.

Status in der Gemeinde Wandlitz

 

Was ist bisher durch die Aufstellung von Bebauungsplänen gelungen, was ist nicht gelungen?

 

Die Erstellung von B-Plänen ist mit Kosten verbunden, erfordert Zeit und Abstimmungsprozesse, um eine tragfähige, städtebauliche Idee zu entwickeln. Daher gibt es für unsere neun Orte in der Gemeinde Wandlitz keinen flächendeckenden B-Plan.

 

In unserer Gemeinde führt die Aufstellung von Bebauungsplänen immer wieder zu Streit und dies nicht nur zwischen Kommunalpolitikern. Manche kommunalpolitisch Aktive wollen sich mit Investoren abstimmen, manche lehnen das kategorisch ab. Manche behaupten, die Verwaltung verzögere das Inkrafttreten von B-Plänen oder Veränderungssperren, um Investoren entgegen zu kommen, manche behaupten, bestimmte Zuarbeiten kommen nicht rechtzeitig. Außerdem bestehen unterschiedliche Ansichten bzgl. der Rechtssicherheit gemeindlichen Handelns und der Rechtssicherheit von Beschlüssen der Gemeindevertretung.

Bildnachweis: Flurkarte, Bereiche 1 bis 3, L100

Beispiel: Bebauungsplan entlang der L100

 

Der Bebauungsplan entlang der Ostseite der L100 wurde wegen der Größe des Gebietes in drei Abschnitte unterteilt. Es brauchte mehrere Jahre und Veränderungssperren, bis die Planung nur für den Teilbereich 2 fertiggestellt war.

 

Inzwischen gab es einen Investor, der zwischen Rathaus und Lanker Weg bauen wollte. Mit einer genehmigten Bauvoranfrage nach §34 BauGB erlangte er Baurecht und war damit schneller als der B-Plan erstellt werden konnte.

 

Ihm wurde das gemeindliche Einvernehmen mit Bezug auf die B-Planung L100 durch Beschluss der Gemeindevertretung versagt. Nun ist aber der Bürgermeister als Chef der Verwaltung verpflichtet, die Rechtssicherheit der Beschlüsse zu prüfen, um Schaden von der Gemeinde abzuwenden. Er hielt das Versagen des gemeindlichen Einverständnisses für nicht rechtssicher begründet. Letztlich ersetzte die untere Bauaufsicht in Eberswalde das versagte gemeindliche Einvernehmen und erteilte die Baugenehmigung auf Basis der Bauvoranfrage. Das Gebäude ist mittlerweile fertiggestellt und beherbergt neben etlichen Wohnungen auch eine Gemeinschaftspraxis, den sogenannten MedPunkt.

 

Ergebnis: Es gibt einen B-Plan, der die Bebauungsstruktur entlang der L100 mit einzelnen „Villen“ festschreibt. Der Investor konnte entsprechend seiner genehmigten Bauvoranfrage bauen, eingekreister Bereich in der Grafik.

Breitscheidstr 22 – ehemaliger Gerstelhof im Dorf Wandlitz

Der Gerstelhof mit kleinem Hofladen ist vielen bekannt, allerdings sind die Stall- und Scheunengebäude mit Schadstoffen belastet. Der Hof wurde verkauft und der Investor stellte eine Bauvoranfrage in Eberswalde.

 

Wieder gab es ein „Wettrennen“ zwischen Genehmigung der Bauvoranfrage und der Aufstellung eines B-Planes bzw. einer Veränderungssperre für das Grundstück im Dorfkern von Wandlitz. Wieder wurde für die Bauvoranfrage das gemeindliche Einvernehmen versagt. Das Bauordnungsamt Eberswalde hat das gemeindliche Einvernehmen ersetzt und seine Entscheidung für jedes einzelne geplante Bauobjekt, darunter Reihenhäuser, Einzelhäuser und ein Mehrfamilienhaus schriftlich begründet.

 

Auf der letzten Gemeindevertreterversammlung im Oktober 2025 wurde die Auslegung für den B-Plan des einzelnen Grundstücks beschlossen. Dieser B-Plan verringert die Bebauung im Vergleich zur vorhandenen Bebauung und auch abweichend zur genehmigten Bauvoranfrage deutlich. Die ehemalige, rund 10m hohe Scheune darf z.B. laut B-Plan nicht mehr durch ein 3-geschossiges, sondern nur noch durch ein 2-geschossiges Gebäude ersetzt werden. Gravierender sind jedoch die Einschnitte in der überbaubaren Grundstücksfläche. Diese Fläche soll nach dem Willen der Gemeindevertretung um ca. 1/3 verringert werden.

 

Hier bahnt sich ein neuer Konflikt an: die Verwaltung hat bereits in Rücksprache mit einem Fachanwalt für Baurecht erklärt, dass diese Reduzierung rechtswidrig sein dürfte. Die Beratung des Rechtsanwalts kommt zu dem Ergebnis, dass die Möglichkeit besteht, dass die Reduzierung einen Planungsschaden darstellt, der durch die Gemeinde zu ersetzen wäre, wenn ein Gericht dies so feststellt.

 

Der Rechtsanwalt, den die Gemeinde befragt hatte kommt also zu dem Ergebnis, dass eine Klage gegen dieses B-Plan-Verfahren erfolgreich sein könnte und der Investor hat bereits angekündigt, dass er Klage einreichen wird.

Aktuelle Auseinandersetzungen um die Kegelbahn in Klosterfelde

Schicksal oder Bestimmung: es geht in dem aktuellen Streit um den gleichen Investor wie bei den oben erwähnten Verfahren zur L100 und zur Breitscheidstr.22.

 

Worum geht es in Klosterfelde

Das Baugrundstück am Bahnhof Klosterfelde direkt neben dem Sportplatz von Union Klosterfelde gehört dem gleichen Investor wie das Projekt Breitscheidstr. 22 und das Projekt Prenzlauer Ch. 151 mit dem Medpunkt.

 

In Klosterfelde soll ein Wohngebäude an der Stelle des Gebäudes der Kegelbahn errichtet werden. Wie kam es dazu?

 

Bereits 2020 erlangte der Investor Baurecht für 2 Mehrfamilienhäuser, die direkt am Sportplatz von Union Klosterfelde gebaut werden sollten. Der Verein meldete daraufhin Bedenken wegen des Lärms während Training- und Spielzeiten auf dem Sportplatz an. Es gab Bedenken, dass das zu Problemen zwischen den Mietern und dem Fußballverein Union Klosterfelde führen könnte.

 

Es wurde vorgeschlagen, die Wohngebäude vom Sportplatz abzurücken, Richtung Bahnhof Klosterfelde. Da die Kegelbahn sowieso in einem stark sanierungsbedürftigen Zustand ist, sollte gleichzeitig eine neue Kegelbahn für eine langfristige Perspektive der Vereine gebaut werden. Das Gebäude der neuen Kegelbahn sollte gleichzeitig als Lärmschutz zwischen Sportplatz und Wohngebäude dienen.

 

Um dies zu erreichen wurde ein Grundstückstausch vorgeschlagen und umgesetzt. Die Gemeinde erhält 933 m² Bauland und gibt dafür 336 m² Bauland an den Investor ab. Um neues Baurecht zu schaffen wurde ein Bebauungsplan aufgestellt und in der Gemeindevertretung beschlossen.

 

Auf dem Tauschgrundstück steht die alte, marode Kegelbahn von Klosterfelde, die der Investor zum Bau von Wohnungen abreißen wird. Das geplante neue Vereinsheim mit Kegelbahn sollte zwischen Fußballplatz und Wohnbebauung rücken, um als Schallschutz zu fungieren.

 

Mit Union Klosterfelde wurde vereinbart, dass der Verein mit Hilfe einer Förderung der Gemeinde die neue Kegelbahn am Sportplatz Klosterfelde errichtet. Dazu erhielt der Verein das entsprechende Erbbaurecht für das Grundstück der neuen Kegelbahn.

 

Alle Schritte zum Bau der Kegelbahn, zum Grundstückstausch, zur Förderung von Union Klosterfelde, zum Erbbaurechtsvertrag mit Union Klosterfelde, sind Beschlüsse der Gemeindevertretung. In der Gemeindevertretung hat der Bürgermeister eine Stimme von 29. Allen Beschlüssen wurde mit großer Mehrheit zugestimmt.

 

Durch Verzögerungen der Planung und Änderung der Finanzierungsmöglichkeiten und Ausschreibungspflichten konnte Union Klosterfelde bisher nicht mit dem Bau des Vereinsheims inclusive Kegelbahn beginnen, es liegt auch noch keine Baugenehmigung vor.

 

Der Investor hat laut der Verträge aber bereits das Recht, die alte Kegelbahn auf dem getauschten Grundstück abzureißen, um sein Bauvorhaben zu beginnen. Damit stünde in der Gemeinde keine Kegelbahn mehr zur Verfügung, da die im OT Wandlitz ja dem Grundschulerweiterungsbau weichen musste.

Bebauungsplan Klosterfelde am Sportplatz, Bildnachweis: Geoportal Wandlitz

Offenen Briefe und Klageandrohungen

Die SPD-Fraktion der GV hat mit einem offenen Brief an den Bürgermeister und den Landrat ein Mitwirkungsverbot des Bürgermeisters wegen Befangenheit verlangt. Der Vorwurf: auf dem sogenannten „Kegelgipfel“, auf dem Lösungen für die Kegler gefunden werden sollten,  soll angeboten worden sein, den Investor mit einer (der Bauvoranfrage entsprechenden) B-Plan-Variante für die Breitscheidstr. 22 milde zu stimmen um damit den Abriss der Kegelbahn hinauszuzögern. In der letzten GV im Oktober wurde diese B-Plan-Variante aber abgelehnt und stattdessen ein B-Plan mit erheblicher Reduzierung der Bebauung zugestimmt, siehe oben.

 

In einem offenen Brief vom Bündnis Klosterfelde sowie mit den Aussagen des Vereinsvorsitzenden von Union Klosterfelde wird diesem Vorwurf vehement widersprochen und bezeugt, dass es keine solchen Absprachen gab. Darauf hat der Bürgermeister beim Treffen explizit hingewiesen. Zudem war von den Unterzeichnenden nur Hanni Hopp beim sog. Kegelgipfel anwesend, Petra Bierwirth und Frank Liste (alle SPD) nahmen nicht teil.

 

In der MOZ vom 18.10.2025 „Erneute Anzeige gegen Borchert – die Hintergründe“ berichtet Britta Gallrein: „Der Wandlitzer Bürgermeister Oliver Borchert (FBgW) ist erneut in die Kritik geraten. Es geht um Grundstücksgeschäfte mit einem Wandlitzer Investor. SPD-Mitglied Hanni Hopp hat Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder) gegen Borchert eingereicht. Begründung: Verdacht der Untreue. Unterstützt wird sie von den SPD-Mitgliedern und Gemeindevertretern Petra Bierwirth und Frank Liste … Rechtsanwältin Hanni Hopp ist überzeugt, dass der Gemeinde Wandlitz durch einen Grundstückstauschvertrag erheblicher finanziellen Schaden zugefügt wurde. Dieser sei entstanden, weil Borchert seine Amtspflicht als Bürgermeister zur Wahrung der Vermögensinteressen der Gemeinde verletzt habe. … Rechtsanwältin Hanni Hopp ist überzeugt, dass der Gemeinde Wandlitz durch einen Grundstückstauschvertrag erheblicher finanziellen Schaden zugefügt wurde.“

 

Der Investor bestätigt in der MOZ, dass es keine Absprachen gibt, da er im Besitz der entsprechenden genehmigten Bauvoranfrage für die Breitscheidstr. 22 ist. Für den Grundstückstauschs gibt es ebenfalls einen gültigen Vertrag, der ihm das Recht einräumt, mit dem Abriss der alten Kegelbahn ab dem 1.1.2026 zu beginnen, um die geplanten Wohneinheiten zu errichten.

Abonnieren Sie den

W.Punkt-Newsletter

Immer auf dem Laufenden bleiben und direkt im eigenen Postfach.